Gute und böse Lobbyisten

Zum Wechsel von Simone Peter an die Spitze des Bundesverbands Erneuerbare Energien

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Das ist die Zukunft des ländlichen Raumes – Wollen wir so leben?

Ex-Grünen-Chefin Simone Peter ist in dieser Woche von der Mitgliederversammlung des Bundesverbands Erneuerbare Energien, einer Lobbyorganisation für Produzenten von so genanntem „Ökostrom“, zur Verbandspräsidentin gekürt worden. Damit ist nach der ehemaligen rheinland-pfälzischen Wirtschafts- und Energieministerin Eveline Lemke, die im vergangenen Jahr in den Aufsichtsrat des Windkraftprojektierers ABO Wind eingetreten ist, innerhalb kurzer Zeit schon die zweite grüne Spitzenpolitikerin in die Wirtschaft gewechselt.

Man muss kein besonders scharfsinniger Analyst sein, um darin eine Bestätigung für die besondere Nähe der Grünen zu EEG-Unternehmen, vor allem zur umsatzstarken Windindustrie, und ihren Lobbyorganisationen zu sehen. Schließlich ist dies ja auch keinesfalls eine neue Erkenntnis. Schon im Jahr 2010 wurde von zahlreichen Spenden aus der Solar- und Windenergiebranche an die Grünen berichtet. Im Parteiblatt der hessischen Grünen finden sich ganzseitige Anzeigen von ABO-Wind. Und den letzten Wahlkampf der baden-württembergischen Grünen hat ein Berliner Vermögensberater, dessen Anlageberatungsfirma sich auf den Bereich der erneuerbaren Energie spezialisiert hat, mit einer der größten Einzelspenden in der Geschichte der Grünen (300.000 Euro) unterstützt.

Na und? könnte manch einer jetzt fragen. Was ist schon dabei? Die Grünen sind eben mittlerweile in der Mitte der Gesellschaft angekommen, da sind Kontakte zur Wirtschaft doch ganz normal. Schließlich vergoldet sich auch in anderen Parteien das Führungspersonal die politische Kärrnerarbeit regelmäßig durch einen lukrativen Wechsel in die Wirtschaft. Und die spendenbedingte Verflechtung mit großen Unternehmen ist in anderen Parteien doch viel intensiver.

Das ist sicher richtig. Nur würden die Grünen selbst das wohl nicht so stehen lassen. Als 2010 Steffi Lemke, die damalige Bundesgeschäftsführerin der Grünen, auf die Spenden von EEG-Unternehmen an ihre Partei angesprochen wurde, verteidigte sie sich mit dem Hinweis darauf, dass diese Unternehmen für eine gute Sache stünden – eben für die gute Sache, für die auch die Grünen kämpften. Das finanzielle Engagement der Spender wurde so als eine Art Hilfe unter Freunden dargestellt, das sich qualitativ grundlegend von der sinistren Spendenpolitik skrupelloser Großkonzerne unterscheide.

Dieser Logik folgen die Grünen bis heute. Und das Schlimme ist: Sie sind damit nicht allein. Zwar werden die verheerenden Auswirkungen der Windenergie auf Flora, Fauna und menschliche Gesundheit in immer mehr Berichten thematisiert (vgl. die Zusammenstellung in dem Beitrag Das Windstromkartell). Auf vernunftkraft.de werden immer neue Anläufe unternommen, die Realitätsverweigerung der Windstrombefürworter aufzubrechen. Und in einer umfassenden Denkschrift hat die Naturschutzinitiative zuletzt auch noch einmal klar die Unvereinbarkeit von Windenergie und Naturschutz herausgestellt. Dennoch gibt es noch immer Mainstream-Medien wie die Süddeutsche Zeitung oder den Deutschlandfunk, in denen Kritik an der Windkraft tabu ist oder nur in der Weise einer Berichterstattung über exotische Spinner vorkommt. Windenergie hat hier einen quasi religiösen Rang. Statt „Gott ist“ lautet das Axiom hier: „Windstrom ist gut.“ Wer dieses Dogma hinterfragt, wird folglich wie ein Häretiker behandelt und in die Ecke von AfD-Sympathisanten, AKW-Freunden und anderen finsteren Klimafeinden gestellt.

Dort, wo Menschen sich intensiver mit Windenergie beschäftigen oder unmittelbar davon betroffen sind, verfängt diese Ideologie freilich schon lange nicht mehr. So ist selbst der neue Grünen-Vorsitzende Robert Habeck 2016 in seiner Eigenschaft als schleswig-holsteinischer Energieminister für eine Begrenzung des Zubaus von Windkraftanlagen eingetreten. Begründung: Man habe nicht genug Polizeikräfte, um die Anlagen mit derselben Konsequenz zu schützen wie früher die Atomkraftwerke.

Diese Argumentationsweise ist gleich in doppelter Hinsicht interessant: Zum einen nimmt der Vergleich mit den Atomkraftwerken den Windkraftanlagen den Heiligenschein. Implizit wird eingeräumt, dass es für die Förderung von Windstrom eben doch (zumindest auch) andere Gründe gibt als den stets vorgeschobenen Klimaschutz. Zum anderen wird hier überhaupt einmal öffentlich auf die zunehmenden Proteste gegen Windkraftanlagen hingewiesen.

In der Tat wird in letzter Zeit immer häufiger von Polizeieinsätzen gegen Windkraftgegner berichtet (wie zuletzt beispielsweise im hessischen Wald-Michelbach). Dass es die entsprechenden Vorfälle nicht in die Abendnachrichten schaffen, mag auch ideologische Gründe haben. Der entscheidende Grund ist aber wohl, dass für die Stromleistung eines Atomkraftwerks nun einmal je nach Rechenweise mehrere hundert bis mehrere tausend Windkraftanlagen errichtet werden müssen (vgl. waldschutz.at). Dies hat zur Folge, dass die Proteste sich nicht – wie einst in Wackersdorf – an einem zentralen Ort konzentrieren können und dadurch für die mediale Aufmerksamkeit nicht spektakulär genug sind.

Robert Habecks Plädoyer für eine Verlangsamung des Ausbaus der Windstromanlagen beruhte denn auch nicht auf einer plötzlichen Einsicht in die Problematik dieser Energieerzeugung. Was er damit bezweckte, war vielmehr die Ausnutzung der dezentralen Struktur der Windenergie: Durch den langsameren, aber dennoch stetigen Ausbau der Windenergie – der sich nach seiner Rechnung immer noch auf 150 Windkraftanlagen pro Jahr allein in Schleswig-Holstein belaufen sollte – wollte er den Protesten die Spitze nehmen.

Ausdrücklich bekennt Habeck sich dazu, dass die Windenergie unsere „Heimat verändern“ wird (Quelle wie oben). Offenbar setzt er auf einen allmählichen Gewöhnungseffekt an diese Veränderung, der durch die Verlangsamung des Zubaus von Windkraftanlagen zu erreichen wäre.

Allerdings bedeutet „Veränderung“ der Landschaft im Falle der Windkraft de facto eben: Vernichtung der Landschaft, Zerstörung der Natur, Entfremdung des Menschen von seinem natürlichen Lebensumfeld. Dies aber ist noch immer kein Argument für das dringend nötige Windkraftmoratorium; für intensivere Anstrengungen beim Energiesparen; für die stärkere Förderung der durchaus vorhandenen, umweltverträglicheren Alternativen zur Windkraft (z.B. bei der Nutzung von Abwärme aus großen Industrie- und Müllverbrennungsanlagen, für die schon vor Jahren tragfähige Konzepte entwickelt worden sind); oder wenigstens für die Konzentration auf die effektive Nutzung der vorhandenen Windkraftanlagen. Dafür müssten wir schon alle bedrohte Rotmilane sein. Als Menschen aber müssen wir uns damit abfinden, dass die Alternativen ab sofort lauten: Einmauerung in den abgasverseuchten Städten oder Einrichtung in dem Freiluftgefängnis der gewaltigen Windkraft-Gitterstäbe, die uns mit ihrem stählernen, in daumenschraubenhafter Regelmäßigkeit vervielfachten Propellerwirbel langsam, aber sicher in den Wahnsinn treiben.

Bildnachweis: Herrmann Dirr: Dahl bei Paderborn

 

5 Kommentare

  1. Ich hoffe, dass immer mehr Menschen aufwachen und über das, was um sie herum passiert, gründlich nachdenken. Wer heute noch für noch mehr WKA ist, hat sich mit der Materie nicht umfassend auseinandergesetzt.

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