Rückblick auf die musikalische Sommerreise nach Tschechien
Jahresrückblick, Teil 6
Die musikalische Sommerreise auf rotherbaron führte in diesem Jahr nach Tschechien. In neun Beiträgen haben wir kurz die Tür zu einer faszinierenden Musikkultur geöffnet.
Auch in diesem Jahr gab es auf rotherbaron wieder eine musikalische Sommerreise. Nachdem es dabei schon häufiger Abstecher nach Tschechien gegeben hatte, war die achte musikalische Sommerreise in diesem Jahr ganz diesem Land gewidmet.
Was mich an der tschechischen Musikkultur stets besonders angezogen hat, war und ist eine besondere Mischung aus Humor und Poesie, durchzogen von einer oft sehr originellen Musik. Der Humor basiert dabei seinerseits wieder auf zwei scheinbar unvereinbaren Komponenten. In gewisser Weise verbinden sich dabei Kafkas Parabeln über das Labyrinth der menschlichen Existenz mit Jaroslav Hašeks Schwejkiaden, den Geschichten von dem „braven Soldaten Schwejk“, der dem Schicksal immer wieder ein Schnippchen schlägt.
Viele tschechische Lieder strahlen ein besonderes Gespür für die Absurdität des Lebens aus, dafür, dass alles menschliche Streben notgedrungen im Nichts enden muss. Die Reaktion darauf ist jedoch oft nicht Verzweiflung, sondern im Gegenteil eine trotzige Hinnahme des Unabänderlichen.
Hierfür gibt es allerdings – wie der schreckliche Amoklauf an der Prager Universität kurz vor Weihnachten gezeigt hat – Grenzen. Wenn ich ehrlich bin, hätte ich mir so etwas, als ich im Sommer zu meiner Musikreise nach Tschechien aufgebrochen bin, nicht vorstellen können.
Das hängt nicht nur damit zusammen, dass der Sommer ohnehin alles in ein freundlicheres Licht taucht. Die gesamte tschechische Kultur, die mit der „Samtenen Revolution“ sicher nicht zufällig einen beispiellos gewaltlosen Umsturz hervorgebracht hat, schien mir einem so exzessiven Ausleben gewalttätiger Impulse zu widersprechen.
Für den diesjährigen musikalischen Adventskalender auf LiteraturPlanet habe ich deshalb auch absichtlich einen besonders heiteren Song ausgewählt. Dies schien mir einfach eher dem Geist der tschechischen Musikkultur zu entsprechen als die – durchaus auch vorhandenen – melancholischeren Lieder. Zu den aktuellen Ereignissen scheint mir allerdings gerade ein kontemplativeres Lied wie Radůzas Dopis Taťáně (Brief an Tatjana; s.u.) zu passen – nicht vom Inhalt her, wohl aber in Bezug auf die musikalische Stimmung, die hier der Illustration einer ausweglosen Lage dient.
PDF mit allen Beiträgen:
Die Kunst des humorvoll-poetischen Philosophierens. Eine musikalische Reise durch Tschechien.
Einzelposts:
Einführung mit zwei tschechischen Reiseliedern (Traband: Ein blinder Passagier als Straßenmusiker und Circus Cermaque: Poetische Reise in ein Kellergewölbe)
Der Makel als Markenzeichen. Ein gesungenes Bekenntnis zur Glatze von Pokáč (Jan Pokorný) und Anna Julie Slováčková
Gedichtetes Gemälde. Über Radůzas Lied Dopis Taťáně (Brief an Tatjana)
Ein Liebeslied als erotischer Trapeztanz. Über den Song Proměny der tschechischen Musikgruppe Čechomor
Ein Komet im Jahr des Teufels. Über Jaromir Nohavicas Lied Kometa
Der erträumte Himmel. Über den Song Krtek (Der Maulwurf) der tschechischen Band Buty
Die Nabelschnur des Wassers. Zu dem Gedicht Modlitba za vodu (Wassergebet) des tschechischen Dichters Jan Skácel, mit einer Vertonung von Jiří Pavlica & Hradišťan
Musikalische Selbstfindung in einer Berghütte. Über die tschechische Band Zrní und ihr Lied Jabloně (Apfelbäume)
Die Tötung des Eigenen im Spiegel des Fremden. Zu dem Song Království (Königreiche) der tschechischen Band Zrní
ulius Silver: Blick über die Moldau auf Veitsdom und Prager Burg (Pixabay)