Saarland: SPD-Regierung mit CDU-Gesicht

7-teilige Fallstudie zur Austauschbarkeit der Volksparteien

Als einziges Bundesland wird das Saarland von einer SPD-Alleinregierung geführt. Was ein Labor für sozialdemokratische Politik sein könnte, erweist sich jedoch als Kopierwerkstatt für CDU-Politik.

Überrumpelt vom eigenen Wahlsieg

Bei den saarländischen Landtagswahlen im März 2022 kam die SPD zur absoluten Mehrheit wie die Jungfrau zum Kind. Weil mit den Grünen und der FDP gleich zwei kleinere Parteien an der 5%-Hürde scheiterten, reichten 43,5 Prozent zur absoluten Mehrheit.

Niemand war darüber mehr überrascht als die SPD. Im Rückblick muss man wohl sogar sagen: Sie wurde davon kalt erwischt. Der Auftrag zur Alleinregierung traf die Partei völlig unvorbereitet.

In ihrer Verwirrung tat die SPD schlicht so, als wäre sie noch immer – wie vor den Wahlen – Juniorpartnerin der CDU und könne nur durchsetzen, was auch beim großen Bruder konsensfähig wäre. Dieser Eindruck stellt sich jedenfalls ein, wenn man auf die zentralen politischen Projekte der SPD-Regierung im Saarland schaut. Für sie alle lassen sich Parallelen im Wahlprogramm der CDU finden.

Phantasielose Fortführung der CDU-Politik

Dies bedeutet nicht, dass die SPD Betrug am Wahlvolk begehen würde. Sie ist keineswegs erst nach der Wahl auf CDU-Positionen umgeschwenkt. Vielmehr fanden sich schon vor der Wahl zahlreiche Übereinstimmungen in den Programmen der beiden Parteien.

Nur hat die SPD eben das Wenige, was ihr Programm von dem der CDU unterschieden hat – wie etwa das Versprechen, mit einem „Zukunftsvermögen Bildung (…) die zusätzlichen Investitionen in unsere Zukunft [zu] finanzieren“ – in der politischen Mottenkiste entsorgt. Die Punkte, bei denen es mit dem langjährigen Koalitionspartner Überschneidungen gibt, setzt sie dagegen mit großem Eifer um.

Fast scheint es, als hätte die Partei die stärker sozialdemokratisch ausgerichteten Vorhaben nur deshalb in ihr Wahlprogramm aufgenommen, weil sie davon ausging, diese in einer Großen Koalition mit der CDU ohnehin nicht umsetzen zu können.

Politik als Traumatherapie?

So ist die SPD-Regierung im Saarland zum einen ein Musterbeispiel für die Austauschbarkeit der großen Volksparteien. Zum anderen spiegelt sich in ihrem Bemühen, konservative Politik umzusetzen, aber vielleicht auch das Uralt-Trauma der SPD wider: ihre Schmähung als „vaterlandslose Gesellen“ zur Zeit des Wilhelminismus.

Um dieses Etikett abzuschütteln, stimmte die SPD 1914 den Kriegskrediten zu, ließ sie im Januar 1919 die Proteste von links im so genannten  „Spartakusaufstand“ von kaisertreuen Freikorps-Soldaten niederschießen, kriminalisierte sie unter Willy Brandt die Reste der APO-Bewegung im „Radikalenerlass“, legte sie unter Gerhard Schröder mit den Hartz-Gesetzen die Axt an den Sozialstaat.

Immer war die Botschaft: Wir sind keine sozialromantischen Weicheier! Die SPD kann auch Härte zeigen, sie kann auch „national“ sein, sie ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen und kann genauso staatstragend agieren wie die Konservativen. Eben dies sagte ja auch das Godesberger Programm aus, mit dem die SPD sich 1959 von ihren sozialistischen Wurzeln entfernte und sich zu einer politischen Projektionsfläche für das ganze Volk wandeln wollte.

Parallelen zwischen CDU-Wahlprogramm und SPD-Politik

Die Übereinstimmungen der Politik der saarländischen SPD-Regierung mit konservativen Positionen sind damit von exemplarischer Bedeutung für den Wandel der SPD.

Über das Saarland hinaus weisen darüber hinaus aber auch die Weichenstellungen auf den einzelnen Politikfeldern. Gerade weil die Saar-SPD Positionen aufgreift, die von allen bürgerlichen Parteien so oder in ähnlicher Form vertreten werden, lassen sich an der Art ihres Agierens allgemeine Entwicklungstendenzen in der deutschen Politik ablesen.

Deshalb werden an dieser Stelle in den folgenden Tagen einzelne Aspekte der SPD-Politik im Saarland genauer unter die Lupe genommen und auf Übereinstimmungen mit Positionen der CDU untersucht. Dafür werden jeweils Parallelen zwischen dem Wahlprogramm der CDU zur Landtagswahl 2022 mit der aktuellen Politik der saarländischen SPD-Regierung aufgezeigt. 

Zitat entnommen aus dem Regierungsprogramm der Saar-SPD 2022 – 2027, S. 4 (PDF).

Bild: Gebäude des saarländischen Landtags, impressionistisch verfremdet. Zugeschnitten und verfremdet nach Bild von Alexander Fox auf Pixabay:

Ein Kommentar

  1. Diejenigen Parteien, die stets betonen, dass sie die demokratischen seien, bieten den Wählern keine Alternativen, keine Wahlmöglichkeiten, mehr an. Es ist stets dieselbe fatale Umwelt- und Energiepolitik. Früher gab es die Wahl zwischen Rechts und Links. Heute gibt es nur noch die Wahl zwischen Rechts mit rechter Ideologie und Rechts mit linker Ideologie. Die linke Ideologie unserer Tage ist ein Antimarxismus, ein grüner Stalinimus, ein Kapitalismus, der plötzlich lieb und fürsorglich geworden ist.

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