Zusammenfassende Bewertung der Qualifikationen
Im abschließenden Teil der Reihe zu den Qualifikationen des Spitzenpersonals in den deutschen Bildungsministerien ziehen wir heute Bilanz: Wie passen die vorhandenen Qualifikationen zu dem Anforderungsprofil für die Leitung eines Bildungsministeriums? – Außerdem ab heute verfügbar: Alle Beiträge in einer PDF.
Mangelnde pädagogische Expertise bei bildungspolitischem Spitzenpersonal
Schauen wir uns nun abschließend an, wie die Qualifikationen der Personen an der Spitze der einzelnen Bildungsministerien in den Ländern zu dem eingangs formulierten Anforderungsprofil passen.
Lediglich in drei Fällen – in Berlin, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern – kann von einer vollständigen Übereinstimmung von Qualifikationen und Anforderungsprofil ausgegangen werden. In allen anderen Fällen stimmen beide entweder nur zum Teil oder gar nicht überein.
Natürlich sagt dieser Befund nicht unmittelbar etwas über die Qualität der Arbeit in den Ministerien aus. Schließlich ist es durchaus denkbar, dass mangelnde Qualifikationen durch die Fähigkeit, zuzuhören und sich mit kompetenten Personen zu umgeben, ausgeglichen werden. So können auch fachfremde Personen mit der Zeit in ihre Aufgabe hineinwachsen.
Umgekehrt bedeutet das Vorhandensein pädagogischer Qualifikationen nicht notwendigerweise, dass jemand zur Leitung eines Ministeriums befähigt ist oder auch nur ein kindgerechtes Konzept von Bildung vertritt – andernfalls hätte es nie eine Schwarze Pädagogik gegeben.
Vergleich mit Qualifikationsprofilen in Justizministerien
Dies gilt allerdings auch für andere Tätigkeitsbereiche. Wer Jura studiert hat, wird dadurch nicht automatisch zu einem Engel der Gerechtigkeit – wie uns etwa die NS-Justiz lehrt. Dennoch wird bei der Besetzung der Top-Jobs in den Justizministerien weit eher auf einschlägige Qualifikationen geachtet.
In 13 von 16 Bundesländern verfügen die Personen an der Spitze der Justizministerien nicht nur über ein einschlägiges Studium, sondern auch über teils hochkarätige Berufserfahrungen im Bereich der Justiz. Lediglich in Hamburg, Sachsen und Thüringen ist dies nicht oder nur eingeschränkt der Fall.
Auch wenn dies zum Teil an dem Zuschnitt der Ministerien liegt, ist doch interessant, dass die Justizministerien in allen drei Bundesländern von Politikerinnen der Grünen geleitet werden. Denn diese legen auch bei der Besetzung der Bildungsministerien – die sie aktuell in Baden-Württemberg und Niedersachsen leiten – von allen Parteien den geringsten Wert auf eine einschlägige Ausbildung und Berufserfahrung.
Verwaltung statt Gestaltung von Bildung
An der Spitze der Bildungsministerien ist eine einschlägige – in diesem Fall schulpädagogische – Qualifikation nur in einem Viertel der Länder (Hamburg, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt) vorhanden. Dies mag auch an dem verbreiteten Vorurteil liegen, dass von Schule alle etwas verstünden, weil wir schließlich alle irgendwann einmal die Schulbank gedrückt haben.
Bei Menschen, die noch nie einen Blick auf die detaillierten Ausbildungspläne angehender Lehrkräfte geworfen und die Tücken des Klassenunterrichts noch nie aus der Perspektive der Lehrenden erlebt haben, mag das verständlich sein. Bei jenen, die für die Besetzung der Führungsetagen in den Bildungsministerien verantwortlich sind, sollte das jedoch anders sein. Hier müsste man eigentlich wissen, dass der Besuch des Schulunterrichts einen genauso wenig zum Unterrichten befähigt, wie wir als Anwalt arbeiten können, wenn wir einmal einen konsultiert haben.
Wenn bei der Besetzung der Chefetagen in den Bildungsministerin auf Qualifikation geachtet wird, so handelt es sich hierbei jedoch weniger um pädagogische als um juristische und verwaltungstechnische Qualifikationen. Eben diese sind in der Hälfte der untersuchten Fälle vorherrschend.
Dies lässt auch Rückschlüsse darauf zu, worum es in der Bildungspolitik hierzulande in erster Linie geht. Im Vordergrund stehen nicht Visionen einer humaneren, kindgerechteren Bildung oder gar Überlegungen zu einer sozial gerechten Schulstrukturreform, die regelmäßig in der Friedhofsruhe eines angeblichen „Schulfriedens“ beerdigt werden. Angestrebt wird stattdessen die möglichst geräuschlose, juristisch saubere Verwaltung des Status quo.
Bildung als Macht- statt als Zukunftsfrage
Bildungswissenschaftliche Qualifikationen und pädagogische Erfahrungen erscheinen demgegenüber zweitrangig. Am weitesten entfernt von deren Berücksichtigung ist in den untersuchten Fällen das Land Niedersachsen. Eine Studienabbrecherin, der ausgerechnet die Leitung des Bildungsministeriums übertragen wird – deutlicher kann man die Geringschätzung für die Bildung kaum ausdrücken.
Wenn die Länder trotz einer solchen demonstrativen Abwertung des Lernens und Lehrens so hartnäckig an ihrer Entscheidungshoheit im Bildungsbereich festhalten, so lässt das nur einen Schluss zu: Der eigene Machtanspruch wird höher gewichtet als die Sorge um die geistige Entwicklung der heranwachsenden Generation – und damit um die Zukunft unserer Gesellschaft.
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Bild: Luisella Planeta: Daumen runter (Pixabay)