Die Gute-Laune-Predigten der Wetter-Shows

Die geheimen Botschaften des Fernsehens, Teil 3

Moderne Wettershows sagen uns nicht nur, ob wir am nächsten Tag einen Regenschirm brauchen. Sie legen auch eine bestimmte Lebenseinstellung nahe.

Vom Wetterbericht zur Wetter-Show

Der Wetterbericht unter Propagandaverdacht? Wie soll das gehen? Ist das Wetter nicht immer und überall einfach das, was es ist?

Um zu verstehen, was ich meine, ist es hilfreich, einen Wetterbericht aus den Zeiten der öffentlich-rechtlichen Fernsehdominanz mit einem Wetterbericht von heute zu vergleichen.

Damals bestand der Wetterbericht schlicht aus den Schaubildern des Deutschen Wetterdienstes, unterlegt mit erläuternden Kommentaren. Heute dagegen wird auch das Wetter als „Show“ präsentiert.

Die hohe Kunst der Wetterprophetie wird heute oft mitten in der Natur zelebriert, vor einem Hintergrund, der zu den düsteren oder heiteren Prognosen passt. Bei Sendungen aus dem Studio dürfen bunte Bildchen und Animationen nicht fehlen, und die Wortwahl hat sich dem Jargon der Spaßgesellschaft angepasst.

Wetterprophetie als Dienst am Sonnengott

Dies führt automatisch dazu, dass auf sonnige Aussichten mit „Oooh!“ und auf Regenwolken mit „Buuuh!“ reagiert wird. Jeder noch so kleine Sonnenstrahl wird zu einer Offenbarung aufgebläht, während sich die Wetterfrösche für Regen entschuldigen, als würden sie selbst vom Himmel pieseln.

Das Wetter wird also nicht neutral dargeboten, sondern mit einer Wertung unterlegt. Diese orientiert sich an den Bedürfnissen der Mallorca-Fraktion, für die das Leben eine ewige Party ist.

Menschen, bei denen vermehrte Sonneneinstrahlung zu einer Verstärkung ihrer gesundheitlichen Beschwerden oder zu einer Behinderung ihrer Bildschirmarbeit führt, gehören dagegen nicht zur Zielgruppe derartiger Wettershows. Gleiches gilt für jene, die den ganzen Tag arbeiten müssen und das schöne Wetter nur wie ein leckeres Eis vor der Nase haben, das sie sich nicht leisten können.

Sensationslüsterner Wettergrusel

Zum Kennzeichen der showartigen Darbietung des Wetters gehört allerdings auch eine sensationslüsterne Berichterstattung. Irgendwo ist immer der heißeste Tag des Jahres, im Winter wird jede Schneeflocke zur Schneekatastrophe gehypt, und hinter jedem Gewitter oder Herbststurm lauert der Weltuntergang.

Diese Lust am Wettergrusel steht freilich im Widerspruch zu Gute-Laune-Propaganda und Sonnenanbetung. Denn eben das, was hierbei gefeiert wird – der ewige Sonnenschein – ist ja aus der Perspektive des Klimawandels mit ein Grund für die zunehmenden Extremwetterereignisse.

Es ist zwar keineswegs so, dass vom Klimawandel in den Wettershows keine Rede wäre. Nur taucht der Begriff eben lediglich dann auf, wenn das ansonsten gefeierte Sonnenwetter sich von seiner Schattenseite zeigt. Wenn die Hitze unerträglich wird, wenn die Flüsse von der langen Dürre austrocknen oder auf Trockenheit Starkregen folgt und die kleinsten Bäche in reißende Fluten verwandelt.

Die geheimen Botschaften der Wettershows

Der propagandistische Effekt der Wettershows entfaltet sich also auf zwei Ebenen. Zum einen ermutigen sie uns zu einem sorglosen Weiter-so, das wir uns in Zeiten des Klimawandels einfach nicht mehr leisten können.

Zum anderen unterschlagen sie – eben dadurch – die komplexen Zusammenhänge zwischen unserer Lebensweise und den Auswirkungen des Klimawandels, die sie lediglich als quotensteigernde Horror-Story vermarkten.

Daneben sollte man auch eines nicht vergessen: Es gibt zwar unzählige Situationen und Tätigkeiten, für die eine genaue Wettervorhersage äußerst hilfreich und manchmal sogar lebensrettend sein kann. Wer jedoch einfach routinemäßig, ohne Notwendigkeit, auf die Wettervorhersage schaut, bringt sich damit um eines der letzten Überraschungsmomente, die unser durchgetakteter Alltag für uns bereithält.

Bild: Roy Glarke: Models (Pixabay)

2 Kommentare

  1. dieses „höher, schneller, weiter“ ist auch beim wetter angekommen, oder anders gesagt: auch das wetter ist fast täglich eine katastrophe – entweder zu heiß, dann aber brüllend heiß, oder extrem heiß oder superdupermegaheiß, gluthitze, genau, das war das wort. gluthitze. und dann die tatsächliche temperatur an dem tag? 25 grad. und keine entschuldigung. lach. dasselbe auch für „sogenanntes schlechtes wetter“. auch da wird mit superlativen gearbeitet. die katastrophen werden herbeigeschrieben.

    Gefällt 1 Person

Hinterlasse eine Antwort zu wolkenbeobachterin Antwort abbrechen