Die geheimen Botschaften des Fernsehens, Teil 8
Heimat-Dokus täuschen eine heile Welt vor, die über die voranschreitende Umweltzerstörung hinwegtäuscht. Mit ihrer Ermunterung zur Sorglosigkeit tragen sie zur Vernichtung dessen bei, was sie feiern.
Potemkinsche Heimatkulissen
Heimat-Dokus erleben seit einiger Zeit einen regelrechten Boom im Fernsehen. Sendungen mit Titeln wie Malerisches Brandenburg, Märchenhaftes Hessen oder Wildes Bayern zelebrieren ein Leben in Frieden und im Einklang mit der Natur.
So wird ein Bild des Alltags vermittelt, das der Realität des Lebens in der modernen Industriegesellschaft in eklatanter Weise widerspricht. Die rasant voranschreitende Bodenversiegelung, die industrielle Überformung der Landschaft durch die Stahlbetontürme der Windkraftanlagen, die Auslaugung und Vergiftung der Böden durch die modernen Monokulturen, die Zerschneidung von Biotopen und Lebensräumen von Tieren durch Straßen – all das tritt in den Heile-Welt-Dokus in den Hintergrund.
Die Botschaft dahinter: Wir können ruhig so weiterleben wie bisher – die Natur ist trotzdem noch ein buntes Bilderbuch. So fördert gerade die Abwesenheit der faktischen Rücksichtslosigkeit im Umgang mit der Natur in den Heimat-Dokus die Verstetigung dieser Rücksichtslosigkeit.
Heimat-Doku und Heimatfilm

In gewisser Weise stehen die Dokus damit in der Nachfolge der Heimatfilme der Nachkriegsjahre. Denn auch in diesen wurde ja suggeriert, dass es jenseits der bösen Welt von Krieg und rücksichtslosem Umgang miteinander einen Raum gebe, in der die Welt noch in Ordnung sei.
Immerhin muss man allerdings den damaligen Heimatfilmen zugutehalten, dass sie in mancher Hinsicht ehrlicher waren als die heutigen Friede-Freude-Eierkuchen-Heimatsendungen. Schließlich handelte es sich bei den Landschaften, die in ihnen gezeigt wurden, noch um echte und wahrhaft unzerstörte Natur.
Kitschige Kulisse zur Kaschierung der Umweltzerstörung
Außerdem war ein zentrales Element der früheren Heimatfilme die Figur des Fieslings, der das Heile-Welt-Glück einer Dorfgemeinschaft oder zweier Verliebter zerstören wollte. Zuweilen wurde dieser Fiesling sogar als Naturzerstörer gezeigt, als raffgieriger Großbauer etwa, der seinen Reichtum auf Kosten der Mensch-Umwelt-Harmonie vermehren wollte und das Liebesglück seiner Nachkommen seinen dynastischen Plänen opferte.
Natürlich schlug dann meistens die Natur zurück, woraufhin die Dorfgemeinschaft ihre Harmonie zurückgewann und die Liebenden ihr Glück gegen alle Intrigen behaupten konnten. Immerhin war aber die dunkle Seite von Mensch und Gesellschaft in diesen Filmen noch irgendwie präsent.
Die modernen Heimat-Dokus sind folglich im Grunde kitschiger als der kitschigste Heimatfilm, da sie als reales Wohlfühlszenario ausgeben, was in Wahrheit eine reine Fernsehkulisse ist, die von der faktischen Umweltzerstörung ablenkt.
Heimat-Dokus und Doku-Soaps
Mit den Doku-Soaps (Big Brother, Bauer sucht Frau …), deren Grenzen zu den Daily Soaps und Telenovelas immer mehr verschwimmen, teilen die Heimat-Dokus die Eigenart, ein fiktives Setting als Realität darzustellen.
Das Problem ergibt sich dabei nicht aus der Fiktion selbst. Eine Fiktion, die sich zu ihrer Fiktionalität bekennt, kann uns den Umgang mit der Realität sogar erleichtern, indem sie uns zu der nötigen Distanz zu ihr verhilft.
Setzt sich die Fiktion jedoch an die Stelle der Realität, so verzerrt sie diese. Die fiktive Realität kann uns in diesem Fall – wie bei der Game-Sucht – bedeutsamer erscheinen als unsere tatsächliche Realität. Dabei können auch die Umgangsformen der Soap-Welt auf unser Verhalten abfärben und diesem seine Authentizität nehmen.
So geraten in diesem Fall die Grenzen zwischen Realität und Fiktion ins Wanken, und wir bewegen uns durch unsere Welt wie Schiffbrüchige an der Grenze zwischen zwei Ozeanen. Anstatt selbst handelnd auf die Realität einwirken zu können, sind wir dieser dann hilflos ausgeliefert.
Bilder: Ludwig Richter (1803 – 1884): Der Watzmann; München, Neue Pinakothek (Wikimedia commons) ; Foto aus dem Jahr 1938, hochgeladen von Wikimedia Israel (Wikimedia commons)
„Die modernen Heimat-Dokus sind folglich im Grunde kitschiger als der kitschigste Heimatfilm, da sie als reales Wohlfühlszenario ausgeben, was in Wahrheit eine reine Fernsehkulisse ist, die von der faktischen Umweltzerstörung ablenkt.“ – Das ist ein bedenkenswerter Aspekt.
Ich denke mir, es geht in erster Linie ums Geld: Geld wird mit der Umweltzerstörung und dem angeblichen Klimaschutz durch WKA gemacht … Da will die Tourismusindustrie auch noch was absahnen. Der „Baedecker-Reiseführer Erneuerbare Energien“ hat ja ziemlich gefloppt. Er ist noch zum Ramschpreis in Zweitverwertungs-Wühltischen zu finden. Also doch auf Landschaften und Natur setzen. Die WKA ein bisschen weichzeichnen oder ganz wegretouchieren und schon ist der perfekte Reise-Werbe-Kitsch, den Sie so trefflich analysieren, fertig.
LikeGefällt 1 Person