Bruder Norabus: Gesammelte Meditationen

Jetzt als Ebook und gedrucktes Buch erhältlich

Pst – nicht weitersagen! Bruder Norabus hat seine gesammelten Meditationen in Buchform herausgebracht – obwohl der Abt seines Klosters dagegen war!

Bestellung als Print (Hardcover, Fadenheftung: 18 €) über kontakt@literaturplanetonline.com oder beim Buchhandel; eBook: überall wo es eBooks-gibt (6,49€)

Vorwort: Warum es dieses Buch eigentlich nicht geben dürfte

Der kritische Blick des Abtes

Wenn es nach Bruder Ägidius, dem Abt unseres Klosters, gegangen wäre, hätte es dieses Buch nie gegeben. Ich hatte gleich ein schlechtes Gefühl, als ich mit meinem Vorhaben, einige meiner Meditationen zu einem Buch zusammenzufassen, an ihn herangetreten bin. Seine gerunzelte Stirn ließ keinen Zweifel daran, dass er meinem Projekt skeptisch gegenüberstand.
Natürlich verlangte er, dass ich ihm ein Exposé des geplanten Werkes zur Begutachtung vorlege. Danach verweigerte er der Publikation aus drei Gründen seinen Segen. Zwei Gründe waren inhaltlicher Art, einer betraf das mönchische Leben im Allgemeinen.
Der erste inhaltliche Einwand von Abt Ägidius bezog sich auf die Art und Weise meiner Argumentation. Konkret bemängelte er, dass meine Gedanken zu wenig auf dem christlichen Glauben fußen würden.
Zwar ist unser Abt durchaus tolerant gegenüber anderen Religionen und Überzeugungen. Er vertritt jedoch die Auffassung, dass der Weg zu Gott nur von dem Hafen eines festen Glaubens aus beschritten werden könne. Wer zu sehr in anderen Glaubensvorstellungen wildere, werde am Ende wie ein Schiff ohne Kompass von den Wellen des Lebens hin- und hergeworfen.
Ich dagegen bin der Meinung, dass die Beschäftigung mit anderen Glaubensideen einen nicht notwendigerweise vom Weg zum Göttlichen abbringen muss. Ist es nicht sogar ein Beleg für die Festigkeit des Glaubens, wenn er durch das Eintauchen in andere religiöse Welten nicht erschüttert wird? Ist ein Perspektivenwechsel unter diesen Umständen nicht eher eine Bereicherung, ein Mittel, den eigenen Glauben besser zu verstehen und vielleicht sogar neue, bislang verborgene Elemente an ihm zu entdecken?

Die Fallstricke des Bösen

Der zweite Einwand von Abt Ägidius richtete sich gegen die Tatsache, dass ich mich in meinen Meditationen auch immer wieder der dunklen Seite des Lebens zuwende.
Unser Abt ist der Überzeugung, dass man sich mit dem Finsteren, Bösen nur beschäftigen dürfe, um dessen heimtückisches Agieren zu durchschauen. So müsse man etwa wissen, dass und wie der böse Feind sich in das Gewand eines „Engels des Lichts“ kleide, um die Gläubigen dazu zu verleiten, ihm auf seinen finsteren Wegen zu folgen.
Eine Vertiefung in das Wesen des Fürsten der Finsternis hält Abt Ägidius dagegen nicht nur für überflüssig, sondern sogar für gefährlich. Schließlich gehe es ja auch bei einem x-beliebigen Verbrecher immer in erster Linie darum, ihn unschädlich zu machen. Wer sich zu sehr in die Denk- und Handlungsweise der Kriminellen vertiefe, erliege am Ende der Faszination des Bösen und werde selbst zum Verbrecher.
Auch hier bin ich ganz anderer Auffassung als mein Abt. Es mag zwar sein, dass die Auseinandersetzung mit der finsteren, vom Licht des Glaubens wegführenden Seite des Lebens zu Zweifeln oder gar Verzweiflung am göttlichen Heilsplan führt. Genau dies kann am Ende aber zu einer Stärkung des Glaubens führen.
Liebt Gott die Zweifelnden nicht geradezu? Verführt er uns nicht selbst immer wieder zum Zweifeln? Führt er uns nicht sogar gezielt in die Irre, damit wir aus eigener Kraft den Weg zu ihm zurückfinden und an dieser Erfahrung wachsen – wie Pflanzen, die sich dem Licht entgegenstrecken?
Außerdem bin ich der festen Überzeugung, dass es nicht ausreicht, die Strategien zu kennen, mit denen der Fürst der Finsternis uns vom Weg des Lichts und der Erleuchtung abbringen möchte. Schließlich ist das Böse keine Macht, die nur außerhalb von uns existiert. Seine Wucherungen umflackern vielmehr auch unsere Seele, sie sind ein Teil von uns, von Geburt an.
Eben deshalb müssen wir das Wesen des Fürsten der Finsternis so gut durchschauen, wie es die begrenzten Möglichkeiten unseres Geistes erlauben. Nur dann können wir die Tentakel, mit denen er unsere Seele zu erwürgen trachtet, wirksam bekämpfen und den göttlichen Funken in uns zu einem das Böse überwindenden Feuer anfachen.

Die Bescheidenheit und der göttliche Geistesfunke

Außer diesen inhaltlichen Einwänden hatte Abt Ägidius aber auch etwas Grundsätzliches an meinem Buchprojekt auszusetzen. Einem einfachen Mönch stünde es, so fand er, nicht zu, seine Meditationen in dieser Weise zu präsentieren. Auch er selbst käme schließlich nicht auf die Idee, seine Predigten und Exegesen drucken zu lassen.
Darüber hinaus seien Meditationen doch ihrem Wesen nach nach innen gerichtet. Sie seien ein Selbstgespräch oder ein Dialog mit Gott – und schon deshalb nicht dazu geeignet, dem Licht der Öffentlichkeit ausgesetzt zu werden. Schließlich käme es auch niemandem in den Sinn, in der Beichte geäußerte Gedanken in die Welt hinauszutragen.
Dies sei aber, hielt ich dagegen, keineswegs dasselbe. Eine Beichte berichte von Verirrungen, eine Meditation dagegen sei die Frucht einer Versenkung in das Göttliche – davon könnten durchaus auch andere profitieren. Sei es nicht sogar egoistisch, den Funken des Geistes, den Gott in einem zum Leuchten bringe, für sich selbst zu behalten, anstatt andere daran teilhaben zu lassen? Wer könne schon wissen, ob und wann ein geistiger Funke auch in anderen ein geistiges Feuer entzünde?
Abt Ägidius hatte auf diesen Einwand hin nur milde gelächelt. Offenbar hielt er die Annahme, die unbedeutenden Meditationen eines unbedeutenden Mönchs könnten für andere eine Bedeutung haben, für eine kindische Überschätzung der eigenen Geistesgaben.
Dies hat mich leider dazu gereizt, ein weiteres Argument in die Waagschale zu werfen. Wie, fragte ich, würde unsere geistige Welt wohl heute aussehen, wenn auch Thomas von Aquin aus einem Gebot der Bescheidenheit heraus seine Gedanken für sich behalten hätte? Würde dann nicht ein wichtiger Baustein in unserem Glaubensgebäude fehlen?
Damit hatte ich das Wohlwollen von Abt Ägidius endgültig verspielt. Ob ich mich etwa, fragte er mich mit einem empörten Funkeln in den Augen, mit Thomas von Aquin vergleichen wolle? Das sei doch wohl ein schlagender Beweis meiner Selbstüberhebung!
Es stehe mir natürlich fern, mich mit einem so bedeutenden Kirchenlehrer zu vergleichen, gab ich zurück. Es sei mir nur darum gegangen, die Wege des Geistes zu veranschaulichen, die so unergründlich seien wie …
Aber Abt Ägidius ließ mich nicht mehr ausreden. „Genug!“ wies er mich zurecht. „Offenbar hat die Beschäftigung mit dem finsteren Feind schon so sehr auf deine Seele abgefärbt, dass es dir gar nicht mehr auffällt, wenn du auf seinen Wegen wandelst! Kaum ein Sündengift ist wirksamer als das der Eitelkeit – und eben diese scheint sich tief in dein Herz gesenkt zu haben. So gehe hin und tue Buße! Ich denke, zehn Rosenkränze unter Aufsicht werden das Mindeste sein, um deine Seele zu reinigen. Außerdem erwarte ich dich morgen nach der Frühmesse zur Beichte.“
Damit drehte Abt Ägidius mir den Rücken zu und ließ mich allein vor dem Portal unserer Klosterkirche stehen, wo ich ihn angesprochen hatte.

Der Fürst der Finsternis als Fackelträger des Göttlichen?

Für mein Projekt war der Ausgang dieses Gesprächs eine Beerdigung erster Klasse – eigentlich! Denn wie alle, die diese Zeilen lesen, sehen können, habe ich mich nicht an das Veröffentlichungsverbot meines Abtes gehalten.
Natürlich werde ich nicht so dumm sein, im Kloster mit diesem Büchlein zu prahlen. So kann es sein, dass Abt Ägidius von meiner Unbotmäßigkeit gar nichts mitbekommt. Außer der Bibel pflegt er vor allem ältere Werke zu konsultieren, die größtenteils in der klostereigenen Bibliothek zu finden sind. Was draußen in der Welt geredet wird, interessiert ihn nicht.
Ich bin mir durchaus bewusst, dass es fast schon ein Akt der Häresie ist, sich über die Anweisung eines Kirchenoberen hinwegzusetzen. Wenn Abt Ägidius davon Wind bekommt, kann mich das im schlimmsten Fall sogar meinen Platz im Kloster kosten.
Andererseits: Ist Häresie nicht ein unverzichtbarer Bestandteil der Kirchengeschichte? Haben in der Vergangenheit nicht gerade die Häretiker die Entwicklung des Glaubens und der Glaubenspraxis vorangetrieben? Muss es nicht neben den Gralshütern der Tradition auch jene geben, die über den dicht geflochtenen Zaun der Glaubensnormen und -gebote hinübersehen in die Wildnis des Geistes, um immer wieder junge, unverbrauchte Triebe in den Garten des Glaubens einzubringen?
Nach den harten Worten von Abt Ägidius bin ich mir zwar selbst unsicher, ob ich mit meinem Projekt nicht am Ende den Einflüsterungen des Bösen folge. Allerdings wäre es ja selbst dann möglich, dass der Fürst der Finsternis hier einmal mehr als Fackelträger Gottes fungiert, obwohl er selbst in der Absicht agiert, die Welt zu verdunkeln. Schließlich verdankt auch er selbst seine Existenz allein dem ihm angewiesenen Platz im unergründlichen göttlichen Heilsplan.

Bild: Dorothe Wouters: Mönch und Sternenhimmel (Pixabay)

2 Kommentare

  1. Gott ist in uns, nicht da draussen
    Das absolute Böse Gottes ist dem Menschen nicht zugänglich
    Die Seele jedes Menschen wird durch den Traum zum Sprachrohr Gottes
    Deswegen braucht die Seele keine Fürsorge von aussen
    Niemand kann einem anderen oder sich selbst die Sünden vergeben
    Der Traum offenbart dem Menschen, in seiner paradoxen Sprache, wer und wie der Mensch in seinem Sein wirklich ist
    Der Mensch bleibt Mensch
    Gott ist der ganz andere

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  2. Ein ganz wundervolles Buch!!!! ❤ Ich habe es mir gleich in meiner Buchhandlung bestellt und lese schon darin. Ich bin eigentlich gar nicht gläubig. Ich interessiere mich einfach für Religionen, Kulturen, Geschichte, Literatur. In diesem Buch kommt das alles zusammen. Ich könnte jetzt fast gläubig werden, so bringt einem das Buch christliche Spiritualität, die Verbindung zwischen Poesie und Glauben, Natur und „Gott“ näher. In der Kirche, der ich früher noch angehörte, waren zum Schluss Gott, Jesus, ´Glaube für mich nichts als leere Formeln. Es kam mir vor, als würden belanglose Zeilen vorgetragen und rituale abgespult. Da bin ich ausgetreten und habe mich zum Agnostiker erklärt. Es hat mich auch gestört, dass Gott wie so eine Art Übervater, der alles sieht, dargestellt wurde … als eine Person. Das ist doch ein arger Kinderglaube. „Bruder Norabus“ eröffnet hier ganz andere Horizonte. Es ist eine ganzheitliche, zutiefst spirituelle, aber auch am konkreten Leben ausgerichtete Glaubensvorstellung. Alle, die nach dem Sinn des Lebens und irgendeinen Glaubens suchen, sich von Kindervorstellungen eines „Gottvaters“ nicht angesprochen fühlen, könnten hier fündig werden.

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