Hoffnungsvoller Jahresausblick, Teil 1
Irgendwann wird auch die Corona-Krise Geschichte sein. Zum Jahreswechsel gibt es daher hier ab sofort eine kleine Reihe mit Beispielen von Menschen und Projekten, die uns als Mutmacher für den Neuanfang dienen können.
Das vergangene Jahr habe ich auf rotherbaron mit einem zünftigen Jahresrückblick ausklingen lassen. Dieses Mal kommt mir das nicht sinnvoll vor. Denn was könnte ich in dem Jahresrückblick schon anderes schreiben als: Corona, Corona, Corona … Was ich dazu zu sagen habe, kann anderswo nachgelesen werden – im Essayband zum Virus des Totalitarismus oder im Literarischen Corona-Tagebuch.
Und um ehrlich zu sein: Auch ich bin mittlerweile ziemlich Corona-müde. Lieber stelle ich daher zum Jahreswechsel einmal ganz andere Themen in den Vordergrund. Außerdem lege ich den Schwerpunkt dabei ausdrücklich auf hoffnungsvolle Aspekte – auf Dinge also, die uns in die Zukunft leuchten können, wenn wir die epochale Krise endlich hinter uns gelassen haben. Den Anfang macht heute – wie könnte es anders sein – „l’amour“.
Wenn man einen Krieg damit beginnen würde, dass die Menschen auf beiden Seiten der Grenze einander näher kennenlernen, gäbe es keinen Krieg. Menschen lassen sich nur dann in Mordwaffen gegeneinander verwandeln, wenn es gelingt, ihnen das Gefühl zu vermitteln, dass die Menschen auf der anderen Seite der Grenze sich ebenfalls in Mordwaffen verwandelt haben.
Man kann den Gedanken auch umdrehen und sagen: Je weniger Kontakte es zwischen Menschen diesseits und jenseits einer Grenze gibt, desto leichter fällt es skrupellosen Machthabern, einen Krieg vom Zaun zu brechen. Anders ausgedrückt: Zwischenmenschliche Kontakte sind die beste Impfung gegen einen Krieg.
Die Steigerung zu einfachen Kontakten ist – die Liebe. Die Liebe hebt die Bedeutung von Grenzen auf. Wer liebt, versteht noch nicht einmal mehr, warum man einen Menschen hassen soll, nur weil er auf der anderen Seite der Grenze lebt.
Zu allen Zeiten war die Liebe daher für diejenigen, die am Krieg interessiert waren, ein noch größerer Feind als der Gegner jenseits der Grenze. Denn die Liebe zeigt unmittelbar den Widersinn kriegerischer Absichten auf und lässt diese daher ins Leere laufen.
So sind grenzüberschreitende Liebschaften zu Kriegszeiten von jeher streng verboten und bei einer Missachtung des Verbots entsprechend bestraft worden. „Feindkontakt“ sollte nur dann erlaubt werden, wenn der Feind dabei mit der Spitze des Bajonetts berührt wurde – nicht aber mit zärtlichen Fingerspitzen. So wurden gerade diejenigen gebrandmarkt und verfolgt, denunziert und vernichtet, die einen Ausweg aus dem Irrsinn des Krieges aufgezeigt haben.
„Feindkontakte“ gelten allerdings auch in nicht-kriegerischen Zeiten als anrüchig. Es ist, als wollte man sich unbedingt den Hass, als Dünger des Krieges, bewahren. Auch bei verfeindeten Nationen oder Volksgruppen erfordert es daher Mut, die äußeren und/oder inneren Grenzen zu überwinden und Freundschaften anzuknüpfen oder gar eine Liebesbeziehung zu beginnen.

Eine solche Situation besteht nun schon seit Jahrzehnten auf Zypern. Nachdem die damalige griechische Militärregierung den Anschluss der Insel an Griechenland betrieben hatte, haben türkische Streitkräfte im Juli 1974 den Norden der Insel besetzt. Seitdem ist die Insel in einen türkischen und einen griechischen Teil gespalten. Eine von UN-Truppen kontrollierte Pufferzone trennt beide Seiten voneinander.
Unzählige Anläufe für eine Wiedervereinigung der Insel sind seither gescheitert. Die größte Chance wurde wohl vertan, als die Inselgriechen 2004 vor dem Eintritt Zyperns in die EU gegen die Wiedervereinigung votierten, weil sie ihre Vorstellungen über die künftige Gestaltung des zyprischen Staatswesens und zur Aufarbeitung begangenen Unrechts in dem so genannten „Annan-Plan“ nicht angemessen berücksichtigt sahen. Seit die EU-Außengrenze faktisch mitten durch Zypern geht, ist eine Annäherung noch schwieriger geworden.
Umso bemerkenswerter ist es, dass es auch heute noch Menschen gibt, die der Trennung der beiden Volksgruppen trotzen. Und auch hier gilt wieder: Auch die höchste Grenze ist kein Hindernis für die Schwingen der Liebe.
Von einem konkreten Beispiel für eine solche grenzüberschreitende Liebe hat im April Manfred Götzke im Deutschlandfunk erzählt:
Manfred Götzke: Zypern-Konflikt: Wie ein Nord-Süd-Paar mit der Grenze umgeht. Deutschlandfunk, Europa heute,3. April 2020.
Bilder: Pixabay: Anemone123: Sonnenuntergang, Dimitris Vetsikas: Zypern: 1. Kalavassos-See; 2. Kalapanayiotis ; Peggy Choucair: Abendstimmung
Vielen Dank für diesen schönen und „hoffnungsvollen“ Beitrag. Nur die Hoffnung lässt uns leben angesichts der ständigen Katastrophen …
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