Das Corona-Gefängnis

Wie das Coronavirus die Freiheit bedroht

Während wir immer besser mit Corona umzugehen lernen, warnen die Weltuntergangspropheten schon wieder vor einem heißen Herbst – dem sie mit entsprechend restriktiven Maßnahmen begegnen wollen. So kommen wir nie aus dem Corona-Gefängnis heraus.

Mangelnde Diskussionsbereitschaft

Über Corona zu reden, ist für mich ein wenig so, als würde ich mein Gefängnis beschreiben. Graue Mauern, maskierte Wärter, Regeln, die mir von anderen auferlegt werden. Lauter Dinge, vor denen ich mich am liebsten in eine Ecke meiner Zelle verkriechen würde, wie Tiere, die das Gefühl haben, aus der Welt ausgetreten zu sein, wenn sie selbst die Welt nicht mehr sehen.

Aber klar, das ist natürlich keine Lösung. Sich den Dingen zuzuwenden, sie zu beschreiben, eröffnet immerhin die Möglichkeit, darüber zu reden. Was man beschreibt, das gestaltet man auch. Das verleiht einem nicht nur das Gefühl, die Dinge in der Hand zu haben, sie ein Stück weit zu seiner eigenen Sache zu machen. Was geformt und geordnet ist, erscheint auch weniger bedrohlich und lässt sich so nüchterner betrachten.

Allerdings muss ich zugeben, dass ich mit dieser Zugangsweise bislang nicht sehr erfolgreich war. Gegen die mangelnde Logik bei den Corona-Maßnahmen schreibe ich schon an, seit wir mit der Pandemie zu kämpfen haben. Und ich bin ja keineswegs der Einzige, der die Inkonsistenz der Corona-Politik beklagt. Leider scheint also die Kritik hier auf taube Ohren zu stoßen. Es gibt einen eklatanten Mangel an Diskussionsbereitschaft.

Da stellt sich natürlich die Frage: Warum ist das so? Woher kommt dieses Beharren auf einer Corona-Diktatur, das Aussperren der sonst so gefeierten Zivilgesellschaft aus der Pandemie-Politik? Und: Welche Auswirkungen ergeben sich daraus?

Unrealistische Corona-Politik

Über Sinn und Unsinn der Maskenpflicht wird gestritten, seit es die Maskenpflicht gibt. Dass ich ihr kritisch gegenüberstehe, wissen alle, die auf diesem Blog schon früher unterwegs waren. Das ist für mich an dieser Stelle aber nicht der entscheidende Punkt.

Masken mögen unter bestimmten Umständen eine Schutzwirkung bieten. Das bedeutet aber nicht, dass sie keine Nebenwirkungen haben. Diese entfalten sich sowohl in physischer als auch in psychischer Hinsicht. Menschen brauchen nun einmal Sauerstoff, und Kommunikation basiert auch auf Mimik. Dass Einschränkungen in diesen Bereichen zu Beeinträchtigungen führen können, liegt auf der Hand.

Entsprechende Studienergebnisse sind aber bei den Verordnungen zur Maskenplicht missachtet oder verharmlost worden. So ist in der Schule, an vielen Arbeitsplätzen und bei Bahnfahrten stundenlanges Maskentragen angeordnet worden – was dann entweder zu den entsprechenden Beeinträchtigungen führt oder zu einem zeitweisen Unterlaufen der Maßnahmen.

Mein erster Vorwurf an die Corona-Politik lautet also: Sie ist unrealistisch. Anstatt abzuwägen, wo und in welchem Ausmaß eine Maskenpflicht sinnvoll und zielführend ist, wird sie einfach pauschal verhängt. Damit führt sie sich selbst ad absurdum.

Inkonsequente Corona-Politik

Hinzu kommt, dass wir uns heute in einer anderen Situation befinden als zu Beginn der Pandemie. Es gibt die Möglichkeit der Impfung, viele Menschen haben nach einer Covid-Erkrankung Antikörper entwickelt, und die neueren Corona-Varianten sind zwar ansteckender, dafür aber nicht mehr so gefährlich.

Insbesondere für Menschen mit Vorerkrankungen kann eine Corona-Infektion zwar auch heute noch mit starken Beschwerden einhergehen. Für die Mehrzahl derer, die sich heute mit Corona anstecken, sind die Wirkungen jedoch mit einer mittelschweren Grippe vergleichbar.

Damit bewegen wir uns beim Umgang mit Corona nicht mehr in den Kategorien des nationalen Notstands, sondern in einem Abwägungsbereich. Was ist schlimmer: die Gefahr einer Corona-Infektion in Kauf zu nehmen oder bis zum Sankt-Nimmerleinstag die Einschränkungen einer restriktiven Pandemie-Politik zu dulden?

Bis heute ist mir völlig unverständlich, warum es als zumutbare Einschränkung des Rechts auf körperliche Unversehrtheit gilt, Menschen dauerhaft die Sauerstoffzufuhr einzuschränken und ihre Kommunikation zu behindern, der Impfpikser aber als heikle Angelegenheit gilt. Schließlich sind alle Impfpräparate intensiv von unzähligen Kommissionen geprüft worden.

Wenn es an den Prüfergebnissen Zweifel gibt, hätte man die Impfung gar nicht erst zulassen dürfen. Auf jeden Fall aber gilt: Wenn es keine allgemeine Impfplicht gibt, darf es auch keine allgemeine Maskenpflicht geben. Das eine ist ebenso ein Eingriff in das Recht auf körperliche Unversehrtheit wie das andere.

Mein zweiter Vorwurf an die Corona-Politik lautet also: Sie ist inkonsequent. Sie gleicht dem Versuch, auf einer geraden Linie im Kreis zu gehen.

Unflexible Corona-Politik

Ich weiß, es gibt Menschen, die ganz anders über die Sache denken. Für sie ist die Maske wie eine Ritterrüstung, die sie vor dem unheimlich-unsichtbaren Virus-Feind schützt. Manche tragen die Maske mittlerweile auch wie eine Auszeichnung, als einen Beweis ihrer tadellosen Haltung und vorbildlichen Regeltreue. (Ja, ich denke dabei vor allem an die Maskenfotos von den Treffen der politischen Großkopferten.)

Nun sind wir heute aber in der glücklichen Lage, alle selbst entscheiden lassen zu können, wie sie mit dem Corona-Risiko umgehen möchten. Wie wir alle wissen, gibt es durchaus Beispiele von Ländern, die ihren Bürgern mit mehr Vertrauen begegnen und es in deren eigene Verantwortung legen, welche Schutzmaßnahmen sie in welchem Umfang umsetzen.

Vielen mag dieser Weg zu Beginn der Pandemie zu riskant erschienen sein. Heute aber spricht kaum mehr etwas dagegen, allen eben jenen Umgang mit Corona zu ermöglichen, der ihnen selbst angemessen erscheint.

Ich persönlich fühle mich beispielsweise unwohl, wenn ich beim Arzt intime Probleme von Maskenautomat zu Maskenautomat besprechen muss. Anderen mag aber genau diese Maskierung ein Gefühl der Sicherheit und angenehmen Distanziertheit geben. Da auch die Ärzteschaft darüber geteilter Meinung ist, könnte man einfach in manchen Arztpraxen Maskenpflicht und in anderen Maskenfreiheit gelten lassen. Dabei könnten natürlich auch Impf- bzw. Genesungsstatus eine Rolle spielen.

Mein dritter Vorwurf an die Corona-Politik lautet also: Sie ist unflexibel. Anstatt den neuen Stand beim Schutz gegen das Coronavirus für einen differenzierten Umgang mit der Pandemie zu nutzen, wird einfach phantasielos die Politik vom Beginn der Pandemiebekämpfung fortgesetzt.

Illiberale Corona-Politik

Es gehört zum Wesen des Lebens, lebensgefährlich zu sein. Wer dieser Gefahr aus dem Weg gehen möchte, schließt sich am besten daheim in seinen vier Wänden ein – wobei das Leben die unangenehme Eigenschaft haben kann, selbst den mangelnden Austausch mit der Umwelt lebensgefährlich werden zu lassen.

Andere gehen den umgekehrten Weg. Sie suchen gerade die Gefahr, weil die Bedrohung des Lebens ihnen ein Gefühl für die Zerbrechlichkeit ihrer Existenz und damit ein gesteigertes Daseinsgefühl vermittelt.

Ob ich nun jeden Morgen auf der Dachkante eines Hochhauses balancieren oder gar nicht vor die Tür gehen möchte, sollte in einer freiheitlichen Gesellschaft mir selbst überlassen bleiben. Die Corona-Politik der meisten Länder sieht dies jedoch bis heute nicht vor.

Anfänglich war zum Schutz der Bevölkerung durchaus ein gewisser Dirigismus notwendig. Dieser hat sich mittlerweile jedoch verselbständigt.

Das Spektrum des Umgangs mit Corona reicht von der extrem restriktiven Politik Chinas bis zu der extrem freiheitlichen Linie Schwedens. Zwar ist die chinesische Haltung in den meisten westlichen Staaten ein abschreckendes Beispiel. Der bevormundende Charakter vieler Corona-Maßnahmen ist aber dennoch dem chinesischen Rigorismus näher als dem schwedischen Liberalismus.

Mein vierter und entscheidender Vorwurf an die Corona-Politik lautet daher: Sie ist illiberal. Indem sie den einer Notsituation geschuldeten Dirigismus in der Pandemie-Bekämpfung verstetigt, untergräbt sie auf lange Sicht das höchste Gut der Demokratie: die Garantie der individuellen Freiheitsrechte.

Anmerkung: Dies ist eine Art Corona-Update. Ich verzichte daher auf die sonst bei solchen Posts üblichen Anmerkungen. Links zu den einschlägigen Studien finden sich in meinen früheren Essays zu Corona und Maskenpflicht.

Empfehlung:

DIE GEBURT DES AUTORITÄREN STAATES AUS DEM GEIST DER SEUCHENBEKÄMPFUNG. Michel Foucaults Überlegungen zur Entstehung staatlicher Überwachungs- und Ausgrenzungsstrukturen

Bild: Ein Seuchenarzt in Schutzkleidung, 17. Jhd (Wikimedia Commons)

4 Kommentare

  1. DIE GEBURT DES AUTORITÄREN STAATES AUS DEM GEIST DER SEUCHENBEKÄMPFUNG. Michel Foucaults Überlegungen zur Entstehung staatlicher Überwachungs- und Ausgrenzungsstrukturen

    Wie das Coronavirus die Freiheit bedroht
    Während wir immer besser mit Corona umzugehen lernen, warnen die Weltuntergangspropheten schon wieder vor einem heißen Herbst – dem sie mit entsprechend restriktiven Maßnahmen begegnen wollen. So kommen wir nie aus dem Corona-Gefängnis heraus.

    Die Viren machen vor keinem Weltbild halt.

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  2. Die wahrscheinlich auch unbeabsichtigten „Nebenwirkungen“ der Corona-Politik werden zu wenig in den Blick genommen. Das ist auch fast ein Tabu-Thema. Ich habe auch hier das Problem, dass viel zu viel „in einer Blase“ und s/w diskutiert wird. Es kommt zu Polarisierungen, die „Grautöne“ fehlen. Beispiel: Das Thema „Impfpflicht“: Was bringt sie genau, ist eine Impfpflicht ethisch vertretbar, welche Vor- welche Nachteile hat das?- Das Gleiche gilt für die Maskenpflicht: Ich kann im Labor feststellen, dass die Masken Viren weniger durchlässt. Also hat sie im Labor, theoretisch eine Schutzwirkung. Aber sagt das auch etwas über die Wirkung einer Maskenpflicht (oder ihre Nebenwirkungen) aus?- Nein!- Denn, was bewirken unter der Nase getragene, verschmutzte, feuchte Masken im ÖPNV?- Wie viele Leute meiden maskenpflichtige Situationen bewusst und was bedeutet das für ihr soziales Leben und ihre Gesundheit? – Zu welchen Diskriminierungen kommt es aufgrund der Maskenpflicht?- Was bedeutet sie für hörgeschädigte Menschen und für Menschen mit Ateminsuffizienz?- Welche Auswirkungen hat sie auf das Kommunikationsverhalten?- Welches Menschenbild liegt einer eher restriktiven Politik zu Grunde? Hier ist der Hinweis auf China und Schweden als Gegenentwürfe sehr sinnvoll. – Was hat die Pflicht statistisch und global gebracht? – Hierzu bedarf es einer „Vergleichsgruppe“ ohne Maskenpflicht. Mich hat das Foucault-Essay wieder sehr inspiriert. Das sind durchaus unbequeme Überlegungen für die Politik und das Gros der Bevölkerung.

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    1. Zustimmung!- Ich weiß nicht, ob das so ist?- Aber mein Gefühl ist, dass so eine gewisse Lust an der Freudlosigkeit und dem Aufstellen von Regeln entstanden ist. Während in Finnland eine attraktive Regierungschefin wild tanzt, läuft bei uns ein rappeldürrer, knochentrockener Gesundheitsminister mit gequälten Gesicht herum und redet „lustvoll“ ein herbstliches „Monstervirus“ herbei.

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  3. Es ist nicht das Virus, das unsere Freiheit bedroht, sondern jene, die es als Vorwand benutzen, um uns zu versklaven. Jetzt schlagen wir uns bald drei Jahre damit rum – ich frage mich manchmal, ob ich es noch erlebe, dass wir nicht mehr jeden Tag davon sprechen müssen. 😉 Alle Informationen sind da. Man muss sich nur informieren. Leider tut es die Mehrheit noch immer nicht… Diese Realitätsverweigerung hat etwas Faszinierendes. Lieber lassen sich die Menschen kaputt machen. Wir zahlen heute den Preis für die systematische, jahrzehntelange Verdummung durch die Medien. Es gibt da eine sehenswerte Doku „Zeugen der Wahrheit“ bei Auf1, die die Hintergründe beleuchtet. Wünsche viel Kraft und Zuversicht!

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