Ein „kleines Haus am Ende der Welt“ … Ja, auch mir ist dieser Traum nicht fremd.
Vor zehn Jahren verführte mich eine Erbschaft dazu, diesen Traum einmal in der Wirklichkeit zu suchen. Ich war damals viel in der Steiermark unterwegs und hatte mich in die dortige Bergwelt verliebt. Also suchte ich vor Ort nach einem Häuschen für Mußestunden und unverfälschte Naturbegegnungen. Allerdings: hielten die meisten Angebote nicht das, was die realitätsfremde Maklerpoesie versprach.
Dies änderte sich erst, als ich ein kleines Haus im Johnsbachtal besichtigte. In diesem Tal schien mir das Prädikat „wildromantisch“ nicht bloß ein leeres Werbeprospektversprechen zu sein. Die schroffen Berge des Gesäuses, zwischen denen sich die einzige Straße, die in das abgelegene Tal führt, irgendwo verliert, eignen sich einfach nicht für den Massentourismus.
Wirklich unwiderstehlich wurde das Häuschen für mich allerdings erst durch die alte Frau, die es anbot. Sie war damals schon recht krank und wollte deshalb lieber nach Admont, ins nächstgelegene Städtchen, umziehen, wo ärztliche Versorgung und häusliche Hilfe sich leichter organisieren ließen.
Die Begegnung mit dieser Frau hat mich tief beeindruckt. Hermine (ich durfte sie später beim Vornamen nennen) war in jeder Hinsicht eine bemerkenswerte Frau. Einerseits strahlte sie eine Vornehmheit und Höflichkeit aus, die mich an die alten K.u.k.-Zeiten erinnerte. Wenn man sie besuchte, war ihre größte Sorge, ob auch etwas zum „Aufwarten“ im Haus wäre. Im Gespräch war sie stets den anderen zugewandt und aufmerksam, nie kam es vor, dass sie sich desinteressiert oder gleichgültig zeigte.
Gleichzeitig war Hermine jedoch von einem urtümlichen sozialdemokratischen Bewusstsein geprägt, das im jahrzehntelangen Sich-Behaupten gegen die ÖVP-Mehrheit im Dorf gestählt worden war. Denn in diesem bildete Hermine, die Gattin eines Forstarbeiters, zusammen mit zwei anderen Nachbarn eine winzige Arbeiterinsel im Meer der Großbauernfamilien.
Diese interessante Mischung aus aristokratisch wirkenden Umgangsformen und sozialdemokratischem Bewusstsein war in zahlreichen Lebensäußerungen Hermines erkennbar. So war ihr die feine Ironie ebenso wenig fremd wie die Lust am derben Schabernack, die geistreiche Unterhaltung wusste sie ebenso zu schätzen wie die durchfeierte Nacht im „Partystüberl“, einem liebevoll dekorierten Schuppen hinter ihrem Häuschen.
Vor allem aber bewunderte ich Hermine für die Art, wie sie die Liebe zu ihrem Garten zelebrierte. Sie offenbarte dabei ein ausgesprochen inniges Verhältnis zur Natur, das sich in einem sehr feinen Gespür für das Ineinandergleiten der Jahreszeiten, aber auch in einem künstlerischen Sinn für das vielfarbige Mosaik der Blüten manifestierte. Im Laufe der Zeit hatte sie sich zudem fast schon wissenschaftliche Kenntnisse über das Wachstum der einzelnen Pflanzen angeeignet, die sie in der Aufzucht seltener Orchideenarten auch praktisch zu nutzen verstand.
Leider ist Hermine schon drei Jahre nach dem Auszug aus ihrem Häuschen verstorben. Bis heute bedaure ich es, dass ich diese außergewöhnliche Frau nicht früher kennengelernt habe. Immerhin habe ich mich bemüht, Haus und Garten so zu erhalten, wie sie sie hinterlassen hat. Natürlich habe ich hier und da etwas dazugepflanzt und neu tapeziert. Auch gibt es in dem Haus jetzt eine Geschirrspülmaschine und einen Flachbildfernseher. Aber das sind alles Dinge, die Hermine wohl auch selbst mit der Zeit verändert hätte. Sie war dem Neuen gegenüber durchaus aufgeschlossen – den ultramodernen Herd in der Küche hat sich noch selbst angeschafft.
So habe ich bis heute das Gefühl, Hermine zu besuchen, wenn ich nach Johnsbach fahre. Leider habe ich dazu viel zu selten Gelegenheit. Deshalb lade ich auch immer Freunde und Verwandte in das Häuschen ein. Es gefällt mir nicht, wenn es unbewohnt ist. Immer ist es mir dann, als würde ich Hermine, die so ein geselliger, gastfreundlicher Mensch war und deren Geist doch noch immer in dem Haus wohnt, selbst im Stich lassen, wenn ich ihr Häuschen allein lasse.
So ist mir der Gedanke gekommen, auch den Freunden des Rothen Barons einen Aufenthalt im „Haus Kröll“ anzubieten. Ich verbinde damit zugleich die Hoffnung, all den virtuellen „Freundschaften“ ein klein bisschen echtes Leben einzuhauchen. Denn wenn ihr das Haus Kröll besucht, ist es doch ein bisschen, als würden wir alle in Hermines „Partystüberl“ zusammenkommen und uns dort über Gott und die Welt austauschen.
Im Idealfall könnte so eine Art geistige Kommune entstehen, ein kreatives Kraftzentrum, über das wir alle miteinander verbunden wären. Eine Community-Website, zum Hochladen von Fotos und Kommentaren, habe ich, als ersten Schritt, schon einmal eingerichtet. Dort findet ihr auch nähere Informationen zu Haus, Umgebung und Kontaktaufnahme: Link: Haus Kröll
Das Angebot ist, wie alles am Rothen Baron, selbstverständlich nicht-kommerziell.

Wir – mein Freund Ulrich und ich – freuen uns schon sehr auf den Urlaub in Johnsbach. Am 31. Mai 2017 starten wir und bleiben eine Woche.
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Das ist eine wunderschöne Geschichte und ein großartiges Erlebnis. Ich bin sicher Du hältst es in Ehren und freust Dich über das Geschenk, welches das Leben Dir gemacht hat. Ich freue mich mit Dir. Cheers, Sovely
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