Nordische Musikkulturen: Musikalische Sommerreise 2019, 2. Etappe.
Das kleine Dänemark … Was soll es da schon groß musikalisch zu entdecken geben?
Das kleine Dänemark? Klein ist relativ. Im Falle Dänemarks mag das Adjektiv für die Beschreibung des aktuellen Umfangs des Staatsgebiets zutreffen. Bezieht man jedoch die Vergangenheit in die Betrachtung mit ein, so verhält es sich ähnlich wie mit Österreich. Beide Länder mögen aktuell recht klein sein – in der Vergangenheit waren sie jedoch europäische Großmächte. Und das bleibt auch nicht ohne Auswirkungen auf die gegenwärtige Kultur und Gesellschaft.
Gesamten Text als pdf: Dänemark-Pop-Großmacht und Folk-Hochburg
Inhalt:
Ehemalige Großmacht Dänemark
Die dänische Musikkultur
Folk-Musik und traditionelles Liedgut
Pagan-Folk
Neo-Folk
Links
Songs mit Übersetzungen:
Volksweise: Drømte mig en drøm i nat
Asynje: Njord og Skade
Valravn: Fuglar
Myrkur: Himlen Blev Sort
Ehemalige Großmacht Dänemark
Dänemark hat lange mit Schweden um die Vorherrschaft in Nordeuropa gerungen. In der von 1397 bis 1523 bestehenden Kalmarer Union, die Schweden, Norwegen, Dänemark, Island und Norwegen miteinander verband, hatte das Land die führende Rolle inne. Große Teile des heutigen südlichen Schwedens gehörten bis 1658 zu Dänemark.
Auch in der von 1380 bis 1814 bestehenden Personalunion mit Norwegen gab Dänemark den Ton an. 1536 wurde Norwegen sogar formell zu einem Teil Dänemarks erklärt. Damit wurden auch die damals zu Norwegen gehörenden Färöer, Island und Grönland faktisch dänisches Staatsgebiet. Dies blieb auch nach dem Ende der Personalunion mit Norwegen so. Island erlangte erst 1944 seine vollständige Unabhängigkeit. Grönland und die Färöer verfügen heute über weitreichende Autonomierechte, stehen formell aber noch immer unter dänischer Oberhoheit.
Auch Schleswig und Holstein standen von 1460 bis 1864 unter dänischer Vorherrschaft. Im Zuge des deutsch-dänischen Krieges wurden beide Gebiete von Preußen annektiert und nach der Reichsgründung 1871 ins Deutsche Reich eingegliedert. Nach einer Volksabstimmung in Schleswig im Jahr 1920, in der im nördlichen Landesteil eine Mehrheit für eine Zugehörigkeit zu Dänemark aussprach, während der Süden mehrheitlich für einen Verbleib im Deutschen Reich votierte, wurde Schleswig zwischen Deutschland und Dänemark aufgeteilt.
Nicht vergessen werden darf zudem, dass Dänemark auch im Konzert der Kolonialmächte eine nicht unbedeutende Rolle gespielt hat. Zwar waren die dänischen Kolonien größtenteils relativ klein, hatten für das Land jedoch eine große wirtschaftliche Bedeutung. So diente Dänisch-Westindien mit den heutigen Kleinen Antillen und den Jungferninseln dem Zuckerrohranbau. Das hauptsächlich in Bengalen gelegene Dänisch-Ostindien war ein Umschlagplatz für den Gewürzhandel und zudem ein Tor für den Handel mit China. An der westafrikanischen Goldküste unterhielt Dänemark zwischen 1658 und 1850 eine Reihe von Stützpunkten, denen ebenfalls eine wichtige handelspolitische Bedeutung zukam. Dies betraf zum einen, wie der Name schon sagt, den Gold-, daneben aber auch den Sklavenhandel.
Die dänische Musikkultur
Eine so machtvolle Vergangenheit kann in der Kulturszene zu widersprüchlichen Entwicklungen führen. Einerseits fördert der Blick auf die vergangene Glorie die Bereitschaft zu einer verstärkten Betonung der eigenen Sprache und Kultur. Andererseits begünstigt die einstige Größe jedoch auch eine gewisse Weltläufigkeit, die sich schlecht mit der Beschränkung auf die Grenzen des heutigen Staates verträgt.
In der Musikszene finden sich Beispiele für beide Tendenzen. So war beim dänischen Vorentscheid zum Eurovision Song Contest, dem Dansk Melodi Grand Prix, noch bis 2005 der Gesang in der Muttersprache vorgeschrieben. Auf der anderen Seite hat sich Dänemark mittlerweile zu einem Zentrum der globalen Pop-Kultur entwickelt. Unzählige Megaseller internationaler Pop-Stars (darunter auch Take That) verdanken ihre Erfolge u.a. dänischen Musiklaboratorien. Die Kopenhagener Urheberrechte-Agentur Koda vertritt 35.000 Mitglieder, für die sie 2012 weltweit insgesamt 6,4 Millionen Euro an Tantiemen eingesammelt hat (1).
Auch beim Eurovision Song Contest stehen oft dänische Musikproduzenten hinter dem Erfolg der Musikstücke. Das hierzulande prominenteste Beispiel dafür ist wohl der Song Satellite, mit dem Lena Meyer-Landrut den Wettbewerb 2010 gewonnen hat.
Auch im Bereich der Musikförderung geht die Einbindung in internationale Strukturen mit der Förderung eigener Traditionen Hand in Hand. So fördert das Königlich-Dänische Musikkonservatorium in Kopenhagen zwar die musikalische Elite des Landes, die dort nur nach einer strengen Auswahl aufgenommen wird. Die Ausbildung beschränkt sich aber selbstverständlich nicht auf dänische Musiktraditionen. Auch die großen Musikfestivals des Landes – wie etwa das Kopenhagener Jazz-Festival und das Roskilde-Festival für Alternative Rock und Pop auf der Insel Seeland – haben zwar einen Schwerpunkt auf den skandinavischen Ländern, sind insgesamt aber klar international ausgerichtet.
Eine Besonderheit in der dänischen Musikkultur stellt der Studiengang für Folk-Musik an der Academy of Music and Dramatic Arts im süddänischen Esbjerg dar. Bis 2014 handelte es sich dabei sogar um ein eigenes Konservatorium, das in Odense angesiedelt war. Es trug zunächst den Namen „Carl-Nielsen-Akademie“ und wurde später in „Hochschule für Musik und Schauspielkunst Süddänemarks“ umbenannt (2).
Die frühere Hochschule und heutige Hochschulabteilung war und ist ein wichtiges Zentrum der Folk-Musik in Dänemark. Viele MusikerInnen, die sich später auf diesem Gebiet einen Namen gemacht haben, haben hier wichtige Impulse für ihre kreative Arbeit erhalten. Auch Kontakte, die während des Studiums geknüpft werden, können für die spätere Karriere hilfreich sein. Daneben ist der universitäre Ritterschlag für die Folk-Musik aber auch schlicht ein Beleg für die besondere Bedeutung, die diesem Genre in der dänischen Musikszene eingeräumt wird. Davon profitieren auch KünstlerInnen, die nicht an der Hochschule studiert haben.
Folk-Musik und traditionelles Liedgut
Die Folk-Musik wurzelt in unterschiedlicher Weise in den Traditionen des jeweiligen Kulturkreises, in dem sie entsteht. Dies kann sich zum einen auf die musikalischen Traditionen beziehen, also auf spezifische Gesangs- und Vortragsweisen, die Nutzung bestimmter Instrumente oder tradierte Melodien und Klangfolgen. Es kann zum anderen aber auch bedeuten, dass die Texte, die in und mit dieser Musik von Generation zu Generation weitergetragen worden sind, in der Folkmusik aufgegriffen werden.
Folk-Musik, die sich enger an die Tradition anlehnt, ist im Kern ein musikalischer Dialog zwischen Vergangenheit und Gegenwart. In ihm geht es darum, für die alten Lieder und Melodien ein zeitgemäßes, modernen Hörgewohnheiten entsprechendes Gewand zu finden, ohne dabei das Wesen der tradierten musikalischen Ausdrucksformen zu verfälschen.
Hierfür gibt es in Dänemark etliche Beispiele. Vielfach werden dabei dieselben Lieder auf verschiedene Weise interpretiert, wodurch immer wieder neue Nuancen der musikalischen Tradition zutage gefördert werden. Besonders deutlich wird dies an dem Lied Drømte mig en drøm i nat („Ich hatte einen Traum heute Nacht“). Ihm kommt in Dänemark deshalb eine so große Bedeutung zu, weil die Anfangsverse vom Beginn des 14. Jahrhunderts datieren und damit eines der ältesten Textdokumente in dänischer Sprache darstellen. Das Lied ist mit den dazugehörigen Noten niedergeschrieben worden und wurde in Dänemark als so identitätsstiftend empfunden, dass die Tonfolge vom öffentlich-rechtlichen Danmarks Radio seit 1931 als Pausenmelodie genutzt wurde.
Die Bedeutung der überlieferten Verse ist umstritten. Im Kontext des Liedes, das später um diese herum komponiert worden ist, erscheinen die Verse als Auftakt zu einer Liebesgeschichte. Dem widerspricht allerdings das Umfeld, in dem die Zeilen überliefert worden sind. Sie finden sich in dem Codex Runicus, einer Gesetzessammlung, die das Schonische Recht (Skånske Lov) kodifiziert. Daraus ergibt sich eher eine allgemein auf das gesellschaftliche Zusammenleben als auf die Beziehung zweier Liebender bezogene Bedeutung.
Für die Anfangsverse – „Drømde mig en drøm i nat um / silki ok ærlik pæl“ – gibt es demnach zwei abweichende Übertragungsvorschläge. Der eine, volkstümliche, lautet: „Ich hatte einen Traum heute Nacht von / Seide und weichem Fell“. Im anderen Fall wird der ursprüngliche Kontext der Verse stärker berücksichtigt, was zu folgender Übertragung führt: „Ich hatte einen Traum heute Nacht von / Gleichheit und ehrlichem Maß“ (3).
Legt man letztere Deutung zugrunde, so erscheint selbst der volkstümliche Liedtext in einem anderen Licht. Der Traum von der vollkommenen Liebe, der darin formuliert wird, wäre dann nicht im Sinne einer individuellen Liebesbeziehung zu verstehen. Vielmehr könnte man darin vor diesem Hintergrund auch ein Bild für eine Gesellschaft sehen, in der die zwischenmenschlichen Beziehungen allgemein von gegenseitigem Verständnis, Mitgefühl und Hilfsbereitschaft getragen wären.
Angesichts der engen Beziehungen zu den skandinavischen Nachbarn, von denen die dänische Geschichte geprägt ist, weisen auch die musikalischen Traditionen vielfach enge Berührungspunkte mit denen der anderen nordischen Länder auf. Auch bei den Texten gibt es mit der nordisch-germanischen Mythologie und den Heldensagen der Wikinger gemeinsame Bezugspunkte. Da es darin nicht selten recht blutig zugeht, haben auch viele Lieder, die sich auf diese Tradition beziehen, oft eine martialische oder gar kriegerische Ausstrahlung.
Daneben werden allerdings auch immer wieder andere Elemente aus der reichen Bilderwelt der Mythologie aufgegriffen. So hat etwa die Band Asynje einen Dialog aus der Edda vertont, in dem es um einen Ehezwist zwischen Njörðr (Njörd), dem Gott des Meeres, und Skaði (Skade), der Göttin des Winters und der Jagd (und möglichen Namensgeberin für Skandinavien), geht. Da Njörðr nicht vom Meer lassen konnte, Skaði aber lieber in den Bergen leben wollte, hatten beide vereinbart, jeweils neun Tage gemeinsam im Gebirge und dann genauso lange an der See zu leben. Der Edda-Dialog thematisiert das Scheitern dieses Vorhabens: Beide konnten einfach nicht in der bevorzugten Umgebung des jeweils anderen leben.
Pagan-Folk
Der Pagan-Folk wurzelt zum einen noch stark in den tradierten musikalischen Ausdrucksformen. Dies macht sich sowohl auf der Ebene der Instrumente als auch bei den Songs bemerkbar, die teilweise aus traditionellem Liedgut hervorgegangen sind. Auch gibt es in den Texten immer wieder Anspielungen auf heidnische Formen von Religiosität.
Pagan-Folkbands zeichnen sich zum anderen jedoch auch vermehrt durch das freie Spiel mit der Tradition aus. Dies kann bedeuten, dass tradierte Lieder musikalisch neu interpretiert und/oder mit moderneren, auch elektronischen Sound-Elementen verknüpft werden. Darüber hinaus komponieren die entsprechenden Bands aber auch verstärkt eigene Lieder oder versehen alte Melodien mit neuen Texten.
Ein Beispiel hierfür ist die Band Valravn, die von 2003 bis 2013 existierte, Anders als der Name der Band vermuten lässt – „Valravn“ bezieht sich auf den Raben in seiner mythologischen Gestalt als Unterweltsvogel und Unheilverkünder –, sind allerdings weder Texte noch Musik überwiegend düsterer Natur. So vermischt die Band den Klang traditioneller Instrumente (u.a. Nyckelharpa und Davul, eine Zylindertrommel) mit Elektro-Klängen, Keyboard und Percussion-Instrumenten, was manche Songs ausgesprochen „tanzbar“ macht.
Sowohl was die Zusammensetzung der Band betrifft als auch hinsichtlich der Sprache der Texte lebt in Valravn der Geist des ehemaligen Weltreichs Dänemark weiter – allerdings nicht im imperialen Sinn, sondern im Sinne der völkerverbindenden Kraft, die es seinen Erben hinterlassen hat. Die Bandmitglieder stammten außer aus dem Kernland Dänemark auch von den Färöern und aus der Schweiz. Gesungen wurde außer auf Dänisch auch auf Isländisch und auf Färöisch, der Sprache der Sängerin Anna Katrin Egilstrøð.
Färöisch ist auch der Text des Songs Fuglar (Vögel). Flug und Gesang der Vögel erscheinen hier als Bild für die „Sinfonie des Lebens“ und die universelle Harmonie, die sich darin widerspiegelt. Dies lässt sich zugleich als Vorgeschmack auf die nächste Etappe dieser Musikreise verstehen – denn auf den Färöern kommt den Vögeln in vielerlei Hinsicht eine besondere Bedeutung zu. Davon mehr in einer Woche, wenn wir auf den Färöern ankommen.
Neo-Folk
Noch stärker als der Pagan-Folk weicht der Neo-Folk von der Tradition ab, die hier im Extremfall nur noch die Basis für eigene musikalische Experimente ist. Ein dänisches Beispiel hierfür ist Myrkur, ein 2014 aus der Taufe gehobenes Musikprojekt von Amalie Bruun. Den Namen „Myrkur“ hat die Künstlerin dem Isländischen entlehnt, wo er „Dunkelheit“ bedeutet. Dieser Name ist durchaus Programm für Musik und Liedtexte, die oft an die zuweilen auch anzutreffende Bezeichnung des Neo-Folk als „Apocalyptic Folk“ denken lassen.
Musikalisch bewegt sich das Projekt allerdings zwischen traditionellen Folk-Elementen und den für den Neo-Folk charakteristischen Anleihen beim Black Metal. Der daraus resultierende „Blackgaze“-Sound ist bei Myrkur jedoch nicht durchgehend zu hören. Es gibt durchaus auch Stücke, in denen Bruun, allein oder mit Begleitung, auf traditionellen Instrumenten wie etwa der norwegischen Kravik-Lyra oder der Nyckelharpa (Schlüssel-/Tastenfidel) – einem Streichinstrument mit durch Tasten verkürzten Saiten – spielt und dazu ihre am klassischen Gesang geschulte Stimme ohne jeden Metal-Scream-Effekt einsetzt.
Ihren Hang zum Düsteren begründet Bruun mit ihrem Bemühen, auf diese Weise innere Ängste und persönliche Krisen zu bewältigen. Mit ihren Liedern wolle sie den „menschliche[n] Geist unter der Oberfläche“ spürbar machen: „Wenn ich an diesen Punkt komme, fühle ich mich unbesiegbar“. Dass sie dafür immer wieder auf mythologische Themen – besonders aus der nordischen Mythologie – zurückgreift, begründet die Sängerin mit der starken, Schönheit und Tod miteinander verbindenden Rolle, die den Frauen darin zukomme. So spiegeln sich in den mythologischen Göttinnen für sie offenbar existenzielle Urängste ebenso wider wie deren mögliche Überwindung (4).
Einen mythologischen Hintergrund hat auch das Lied Himlen Blev Sort („Der Himmel verdüsterte sich“). Es lässt an die Geschichte der Persephone denken, die jeweils einen Teil des Jahres bei Hades, dem Gott der Unterwelt, verbringen muss, ehe sie wieder zu ihrer Mutter Demeter, der Göttin der Fruchtbarkeit, zurückkehren darf. Der Mythos – ein Gleichnis für den ewigen Kreislauf aus Werden und Vergehen, Aussaat und Ernte, Geburt und Tod – war für zahlreiche rituelle Zeremonien im antiken Griechenland (insbesondere die Eleusinischen Mysterien) von zentraler Bedeutung.
Links
- Tenz, Courtney: Die Musikszene in Dänemark; Deutsche Welle, 8. Mai 2014.
- Hollunder, Antje: Odenses Akademie zieht um. WDR, 1. Juli 2014.
- den Wikipedia-Eintrag zu Drømte mig en drøm i nat.
- de: Porträt: Myrkur (2017).
Songs mit Übersetzungen
Volksweise: Drømte mig en drøm i nat
Liedtext (basierend auf der Bearbeitung des Liedes von Povl Hamburger und den von Erik Bertelsen entworfenen zusätzlichen Strophen aus dem Jahr 1945; vgl. den Eintrag bei FolkWiki)
Auswahl verschiedener Fassungen des Liedes:
Valravn (Psychedelic Folk)
Fuglafólk (traditioneller Bardenstil: nur – männlicher – Gesang und Klampfe)
Gny (mittelalterlich-kontemplativ)
Musica Ficta (A cappella, im Stil mittelalterlicher Kirchenmusik)
Pernille Rosendahl (symphonisch-opulent, mit Chor, ein bisschen in Richtung Classic Rock – Rosendahl hat sich vor allem als Sängerin der Bands Swan Lee und The Storm einen Namen gemacht)
Louise Fribo (klassisch, entsprechend der Gesangsausbildung der Sopranistin und Schauspielerin an der Königlich-Dänischen Opernakademie)
Ove Werner Hansen (klassisch-männlich, entsprechend der Bass-Stimme des Opernsängers und Schauspielers)
Freie Nachdichtung:
Ich hatte einen Traum heute Nacht
Ich hatte einen Traum heute Nacht
von Gleichheit und ehrlichem Maß.
Ein Kleid umfloss mich weich und warm
im schmeichlerischen Abendlicht.
Nun ist der Traum dem Tag gewichen.
Da war ein Tanzen, war ein Singen,
Vertrauen, Freude und Gemeinschaft.
Und einer sah mir in die Augen,
still glitten ineinander unsre Hände.
Nun ist der Traum dem Tag gewichen.
Um uns der Reigen Glück wünschender Blicke,
lächelnde Lippen, funkelndes Gelächter.
Und alle Tanzenden umkränzten
verblassend unsren Tanz ins Morgenrot,
Nun ist der Traum dem Tag gewichen.
Ich hatte einen Traum heute Nacht …
Asynje: Njord og Skade
aus: Genkaldt (2011)
Der Liedtext basiert auf dem Dialog zwischen Njörðr (Njörd), dem Gott des Meeres, und Skaði (Skade), der Göttin des Winters und der Jagd, in der Edda (Snorra-Edda, Gylfaginning, 23)
Freie Nachdichtung:
Njörðr:
„Überdrüssig bin ich der Berge,
kurz nur hab‘ ich sie ertragen,
neun lange Tage ohne Schlaf.
Wie gellte das Geheul der Wölfe
in den Ohren mir!
Wie sehnt‘ ich mich nach dem Gesang
der gischtgebor’nen Schwäne! “
Skaði:
„Nicht konnt‘ an Schlaf ich denken
in dem Bett der Brandung.
Es hallte von den Felsen wider
das heisere Geschrei der Möwen
bis in den tiefsten Traum,
und jeden Morgen drang vom Meere wieder
ihr gellendes Gelächter in mein Herz. “
Valravn: Fuglar
aus: Koder på Snor (2010)
Liedtext mit englischer und französischer Übersetzung
Übersetzung:
Vögel
Weit weg von hier,
an einem Ort, den man das Ende der Welt nennt,
fliegen die Vögel
und singen
eine Sinfonie des Lebens.
An den Grenzen der Welt fliegen die Vögel,
an den Grenzen der Welt singen sie.
Einer und noch einer, ein Dritter,
mehrere Hundert,
einhundert, vierhundert weitere,
fünf-, siebenhundert,
Tausende höre ich
das Leben bezeugen.
Myrkur: Himlen Blev Sort
aus: Mareidt (2017)
Live-Aufnahme mit der holländischen Musikerin Kati Ran, mit Liedtext und englischer Übersetzung
Ganzes Album mit Lyrics auf Bandcamp
Liedtext mit englischer Übersetzung
Freie Übertragung:
Der Himmel verdüsterte sich
Guten Mutes schreite ich voran,
der Mond scheint hell,
der Nebel umarmt den Waldboden,
Wind streicht durch mein Haar.
Blätter welken auf meinem Weg
unter der Gewalt des Dämons.
Sag mir, Vater:
Kannst du mich erretten von dem kalten Sturm?
Als du mich verlassen hast am Tor zur Unterwelt,
verwandelte sich mein Herz in Stein,
und der Himmel verdüsterte sich.
Nur nachts komme ich heraus,
im Schutz der Dunkelheit
halten wir uns aneinander fest
in einer Welt, die nicht die meine ist.
Nur durch dich kann ich atmen.
Sag mir, Vater …
Tipp:
Wer Lust auf noch mehr Musik abseits vom Mainstream aus aller Welt bekommen hat, kann sich hier einen Überblick über die musikalischen Beiträge auf rotherbaron verschaffen (nach Ländern geordnet): Überblick über die musikalischen Streifzüge
Vielen, vielen Dank für diesen tollen Beitrag und auch die anderen „Musikreisen“. Myrkur ist eine ganz tolle Entdeckung. All diese ausgefallene, wundervolle Musik bekommt man noch nicht einmal in den Kultursendern zu hören. Weiter so!
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