Ein persönlicher Blick in den Rückspiegel
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Ein persönlicher Jahresrückblick ist kein exhibitionistischer Jahresrückblick. Ich werde hier also nicht darüber berichten, wann ich mit wem welche Orgien gefeiert habe – obwohl ich auf diese Weise wahrscheinlich deutlich mehr Klicks generieren könnte.
„Persönlich“ ist dieser Jahresrückblick vielmehr in dem Sinne, dass ich auf das Jahr aus der Perspektive zurückblicke, die ich auf diesem Blog eingenommen habe. Es geht also darum, welche Ereignisse mir aus welchen Gründen wichtig erschienen sind. Dazu gibt es im Folgenden ein paar Stichworte, unter denen ich jeweils so kurz wie möglich die „Essentials“ zusammenfasse.
INHALT:
Abtreibung
AfD
AKK
Attac
Brexit
CO2-Bepreisung
Fridays for Future
Gelbwesten
Islamische Kleidung
Katalonien
Klima
Kurdistan
Leistungsschutzrecht
Musiksommer
Niedrigzinspolitik
Organspende
Pflegenotstand
Quote
SPD
Sport inklusiv
Trump-Ge(t)witter
Waldschutz
Windkraft
Abtreibung
Wer Abtreibungen verhindern möchte, sollte dafür vor allem eines tun: die Möglichkeiten, sich über Abtreibungen zu informieren, erleichtern. Das unwürdige Gezerre über das entsprechende Informationsrecht von Arztpraxen, wie wir es Anfang des Jahres erlebt haben, weist jedoch in die entgegengesetzte Richtung.
Frauen, die nicht offen mit ihren ärztlichen Vertrauenspersonen über ihre Schwangerschaft reden können oder sich gar Diffamierungen ausgesetzt sehen, wenn sie laut über eine Abtreibung nachdenken, werden sich eben nicht umgehend einen Beratungstermin besorgen. Je länger aber hiermit gewartet wird, desto eher wird aus einer medikamentösen Schwangerschaftsbeendung eine Ausschabung und aus einer Ausschabung eine Abtreibung. Je später diese erfolgt, desto mehr Leben ist entstanden, und desto problematischer ist der Schwangerschaftsabbruch nicht zuletzt für die Frau selbst.
Hinzu kommt: Wer gegen Abtreibung ist, sollte dann logischerweise auch für das Leben sein, und zwar mit allen Konsequenzen, die sich daraus ergeben. Sprich: Es muss dann eine kinderfreundliche Umgebung geben, eine umfassende Unterstützung allein erziehender Mütter, ein vollausgebautes Kita- und Kindergartensystem, bis hin zu einem veränderten Adoptionsrecht, das die Möglichkeit einer Co-Elternschaft miteinschließt und so jungen und finanziell schlecht gestellten Müttern die Entscheidung für das Kind erleichtert.
Von all dem sind wir ziemlich weit entfernt. Stattdessen folgt konservative Familienpolitik dem Motto: Ihr Kinderlein, kommet – aber bitte kostenlos!
Pharisäerhafte Lebensschützer. Zur Diskussion um das Werbeverbot bei Abtreibungen.
AfD
Die Erfolge der AfD bei den Wahlen zum Europaparlament sowie insbesondere bei den Landtagswahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen haben bei den anderen Parteien mal wieder reflexhaft die Formel aktiviert: Ossis = ausländerfeindlich = AfD.
Diese Gleichung ist für die AfD eine so perfekte Wahlwerbung, dass man fast meinen könnte, sie wäre von ihr gesponsert. Denn gerade die Arroganz, mit der westliche Politiker einen ganzen Bevölkerungsteil pauschal als rassistisch diffamieren, ist es ja, die der AfD immer neue Anhänger in die Arme treibt. Indem der Rassismus dabei auf die DDR-Sozialisation der Betreffenden zurückgeführt wird, wird zudem die phantasievoll-freiheitliche Gegenkultur negiert, die es in der DDR ja auch gegeben hat.
Freilich profitieren umgekehrt auch die etablierten Parteien von der AfD. Antirassismus lässt sich nun ganz einfach dadurch dokumentieren, dass man gegen die AfD Stellung bezieht. Dass man gleichzeitig deren Positionen übernimmt und Flüchtlinge lieber in libyschen Lagern verhungern oder auf dem Meer ertrinken lässt, anstatt ihnen hierzulande Schutz zu gewähren, ist ja nur bedauerlichen Sachzwängen geschuldet. Rassismus? Wir doch nicht!
So unterstützt die AfD das alte Heuchelspiel, bei dem Antifaschismus durch Gedenktagsreden und die Feier der eigenen Bewältigungsleistung bei der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus zur Schau gestellt wird, während gleichzeitig im konkreten Alltagshandeln faschistoide Kontinuität gelebt wird.
AKK
Das Kürzel übersetzt sich für mich mit: „Annegret-keine-Kanzlerin“. Warum Angela Merkel, eine weltweit anerkannte Staatsfrau, ausgerechnet diese Karnevalsprinzessin aus der Provinz bei der Kandidatur für ihre Nachfrage unterstützt, ist mir bis heute ein Rätsel. Pflegt unsere geschätzte Kanzlerin am Ende doch perverse Neigungen, die sie als gut gehütetes Geheimnis vor der Öffentlichkeit verbirgt? Oder hat sie gezielt nach jemandem gesucht, der unter Garantie in ihrem Schatten stehen wird?
Dafür, dass diese Rechnung bei der CDU bislang aufgegangen und die neue Bomberin der Nation Anfang Dezember auf dem Parteitag als Vorsitzende bestätigt worden ist, gibt es für mich nur eine Erklärung: Niemand anders müffelt so schön nach dem Mief der 1950er Jahre, als deutsche und altfränkisch-völkische Identität noch ein und dasselbe zu sein schienen.
Die Musterschülerin. Annegret Kramp-Karrenbauer: Schein und Sein.
Weitere Beiträge zu AKK
Attac
2012 wurde in Russland ein Gesetz erlassen, das Organisationen mit ausländischen Finanzquellen dazu verpflichtet, sich als „ausländische Agenten“ registrieren zu lassen. Da gesellschaftskritisches Engagement in Putins Demokratur anders kaum zu finanzieren ist, war die neue Gesetzgebung gleichbedeutend mit einer weitgehenden Entpolitisierung des zivilgesellschaftlichen Engagements. Selbst diejenigen Organisationen, die nicht auf die finanzielle Unterstützung aus dem Ausland verzichten wollten, waren in der Folgezeit durch das an die Diffamierungskampagnen der Stalin-Zeit erinnernde Etikett „ausländischer Agent“ diskreditiert.
Das russische Gesetz war der Startschuss für eine weltweite Kampagne gegen NGOs. Zahlreiche Länder, darunter beispielsweise Ägypten und Israel, erließen in der Folge ähnliche Gesetze, die Nichtregierungsorganisationen durch diverse bürokratische Schikanen (wie etwa hohe Registrierungsgebühren) in ihrer Arbeit behinderten.
Der Entzug der Gemeinnützigkeit für Attac, den der Bundesfinanzhof Ende Februar verkündet hat, reiht sich nahtlos ein in diese schleichende Austrocknung zivilgesellschaftlichen Engagements. Denn die Begründung für den Aberkennungsbescheid war ja gerade, dass Attac politische Ziele verfolge. Wenn aber Nichtregierungsorganisationen nur noch dann als förderungswürdig gelten, wenn sie unpolitisch sind, wird zivilgesellschaftliches Engagement künftig auf die Maxime festgelegt: Suppenküchen sind erlaubt – nicht aber das Eintreten für einen humaneren Staat, der die Einrichtung von Suppenküchen überflüssig macht.
Erziehung zur Unmündigkeit. Zum Entzug der Gemeinnützigkeit für Attac durch den Bundesfinanzhof
Brexit
Der Brexit, der durch den Sieg von Boris Johnson und seinen Tories bei den britischen Unterhauswahlen faktisch beschlossene Sache ist, ist vor allem eines: ein Demokratie-Skandal.
Das Brexit-Votum im Referendum des Jahres 2016 war eine Befindlichkeitsentscheidung. Es war ein Votum für etwas, das es in unserer globalisierten, digitalisierten, vernetzten Welt nicht mehr gibt: für völlige Unabhängigkeit, für eine Rückkehr zur alten Glorie des britischen Weltreichs, als die Geschicke der Welt maßgeblich von London aus beeinflusst wurden. Es war zudem kein Votum des gesamten britischen Volkes: Schottland und Nordirland, London und andere Großstädte sowie die Jugend haben mehrheitlich gegen den Brexit gestimmt.
Dennoch ist das Brexit-Votum zu einer Art Gottesurteil erklärt worden. Die Möglichkeit, eine spontane Befindlichkeitsentscheidung durch eine rationale, auf der Basis des faktischen Austrittsvertrags überdachte Entscheidung zu revidieren, ist dem Volk aus rein machtpolitischen Gründen verweigert worden. Aus einer der wichtigsten Weichenstellungen der britischen Geschichte ist eine Glaubensfrage gemacht worden. Jede Kritik am Brexit wurde so als eine Form von Hochverrat hingestellt, die Zukunft des Landes für ein reines Luftschloss aufs Spiel gesetzt.
Das verlorene Volk. Kommentar zum Ausgang der Wahlen zum britischen Unterhaus
Weitere Beiträge zum Brexit
CO2-Bepreisung
Für eine Eindämmung des Klimawandels gäbe es eine Reihe sehr nahe liegender Maßnahmen – beispielsweise die Einführung eines Tempolimits auf Autobahnen, die Verbilligung und Verbesserung des Nahverkehrs, die Förderung einer fleischlosen Ernährung oder die Bereitstellung kostendeckender Darlehen zur Gebäudesanierung.
Nicht zuletzt müsste man für einen wirksamen Klimaschutz die Förderung fossiler Rohstoffe augenblicklich beenden. Stattdessen werden jedoch noch immer neue Öl- und Gasfelder erschlossen. Die knapper werdenden Ressourcen sollen aber offenbar der Industrie vorbehalten werden. Die CO2-Bepreisung soll die Nutzung der Rohstoffe entsprechend kanalisieren.
Ob diese Rechnung aufgeht, ist allerdings fraglich. Denn die CO2-Bepreisung folgt einer in sich widersprüchlichen Marktlogik. Deren Wirkung ist ebenso ungewiss wie unsozial. Wenn die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen, wie erwünscht, infolge der CO2-Bepreisung zurückgeht, wird das die Rohstoffe verbilligen, so dass der Effekt der Maßnahme in der Summe verpufft. Unsozial ist die Maßnahme deshalb, weil sie alle gleichermaßen trifft. Die Folge: Als Klimaschädlinge und Umweltverpester dürfen sich nur noch diejenigen betätigen, die es sich leisten können.
Strafen oder unterstützen. Zur Problematik der geplanten CO2-„Bepreisung“
Klimaschutz aus dem Penthouse. Deutsche Klimapolitik: national, unsozial, irrational
Fridays for Future
Die wichtigste Feststellung zu den Fridays for Future ist wohl, dass die Bewegung zu vielgestaltig ist, als dass sich etwas Eindeutiges über sie feststellen ließe.
Am besten redet man deshalb im Konjunktiv über sie: Es wäre hilfreich, wenn es sich bei den Fridays for Future um eine Bewegung handeln würde, die sich für einen umfassenden Umbau der Gesellschaft in Richtung auf nachhaltigere Wirtschafts- und Verhaltensformen einsetzen würde. Es wäre bedauerlich, wenn die Bewegung sich für die Interessen derer instrumentalisieren ließe, die „Klimaschutz“ nur als Vehikel für eine Neuausrichtung der Wachstumsökonomie angesichts knapper werdender Ressourcen nutzen.
Letztere Gefahr ist leider nicht ganz von der Hand zu weisen. Denn globale Protestbewegungen entwickeln sich heute ab einem bestimmten Punkt nicht mehr spontan. Vielmehr werden sie größtenteils von professionellen PR-Organisationen „gemanagt“, die ihnen ein unverwechselbares Label und spezifische Symbole verpassen. Dies erhöht den Wiedererkennungswert und damit auch die Medienpräsenz, ohne die heute keine durchgreifende Wirkung mehr erzielt werden kann. Gleichzeitig birgt dies jedoch auch die Gefahr in sich, dass der Bewegung die Kontrolle über ihr eigenes Engagement bis zu einem gewissen Grad entgleitet.
Entscheidend wird sein, ob es der Bewegung gelingt, „Klimaschutz“ in einem weiten, den Schutz der Natur und der Menschenrechte mit einschließenden Sinn zu verstehen. Dies wäre dann auch eine klare Grenzziehung gegenüber den Propagandisten eines „New Green Deal“, die ihre Elektroautos auch dann noch „sauber“ finden, wenn dafür – wie im Falle der für die Batterien benötigten Rohstoffe – andernorts die Umwelt zerstört und die Menschenrechte mit Füßen getreten werden.
Die Heilige und die Revolution. Fridays for Future: eine Bewegung mit vielen Gesichtern
Inneres und Äußeres Wachstum. Die Paradoxie eines nachhaltigen Wirtschaftswachstums.
Gelbwesten
Die im November 2018 in Frankreich entstandene Bewegung der Gelbwesten („Gilets jaunes“) hat im Laufe des vergangenen Jahres eine breitere Perspektive eingenommen. Mittlerweile richtet sie sich allgemein gegen die ultraliberale Politik von Präsident Macron und die damit verbundenen sozialen Einschnitte.
Entzündet hat sich die Bewegung allerdings an geplanten zusätzlichen Steuern auf Benzin und Heizöl. Die damit verbundene Problematik hat bereits kurz nach Beginn der Proteste François Ruffin, ein Abgeordneter der Partei La France Insoumise („Das unbeugsame Frankreich“), auf den Punkt gebracht. Ruffin verglich die Maßnahme mit einem Marie Antoinette, der Gattin Ludwigs XVI., im Rahmen der Französischen Revolution in den Mund gelegten Spruch: „Ihr könnt euch kein Brot leisten? Dann kauft euch doch Kuchen [brioche]!“
In der Tat hat jemand, der sich kein Benzin mehr leisten kann, deshalb ja nicht plötzlich das nötige Kleingeld für ein Elektroauto. Benzinpreiserhöhungen sind für Menschen mit schmälerem Konto daher – angesichts des fehlenden oder unzureichenden Nahverkehrsangebots auf dem Land – gleichbedeutend mit Mobilitätseinschränkungen. Handelt es sich bei ihnen um Pendler, so kann in letzter Konsequenz sogar der Verlust des Arbeitsplatzes drohen – zumal ein Umzug in die Stadt angesichts immer unbezahlbarerer Mieten auch keine Lösung ist.
Ruffins Vergleich mit der royalistischen Arroganz, mit der derartige Bedenken zurückgewiesen werden, ist durchaus bedenkenswert. Denn Maßnahmen gegen die Klimawandel, die mit einem Verlust des sozialen Zusammenhalts erkauft werden sollen, werden auf Dauer nicht tragfähig sein.
Vive la révolution!(?) Die Gelbwesten-Bewegung: Sieg oder Sackgasse?
Der Bio-SUV. Energieversorgung als soziale Frage.
Islamische Kleidung
Im Zusammenhang mit einer Ausstellung über „Contemporary Muslim Fashions“ im Frankfurter Museum für Angewandte Kunst ist Anfang des Jahres die Diskussion über Emanzipation und Frauenkleidung neu belebt worden. Einige Kritikerinnen warfen den Initiatoren der Ausstellung vor, mit dieser etwas als freiwillig gewählte Mode hinzustellen, was in Wahrheit ein Ausdruck der Unterdrückung von Frauen sei.
Die kreative Art, mit der Frauen mit den islamischen Kleidervorschriften umgehen, bezeugt nun allerdings durchaus ein großes Selbstbewusstsein. Dieses zu negieren, indem man schlicht dekretiert, es gebe kein gutes Leben im falschen, diskreditiert demnach gerade die Phantasie, mit der Frauen in der islamischen Welt auf die ihnen auferlegten Zwänge reagieren – und diese eben damit teilweise durchbrechen.
Natürlich muss man hier differenzieren. Burka und Niqab, die Frauen zu wandelnden Kartoffelsäcken degradieren, bieten natürlich weit weniger Gestaltungsmöglichkeiten als Schleier und Kleiderordnungen, die schlicht die Bedeckung des Körpers vorschreiben. Auch im Falle der strengeren Verhüllungsgebote ist jedoch der einzelnen Frau nicht geholfen, wenn man sie für die ihr von anderen aufgezwungenen Vorschriften mit verantwortlich macht. Eine Frau, die unter diesen Verhältnissen lebt, riskiert nicht selten ihr Leben, wenn sie sich nicht bis zu einem gewissen Grad mit den bestehenden Regeln arrangiert.
Implizit hat die Diskussion über islamische Kleidervorschriften zudem deutlich gemacht, dass es auch in westlichen Ländern ungeschriebene Kleiderordnungen für Frauen gibt. Gezeigt hat dies vor allem die Diskussion über den Burkini, der an öffentlichen Badeplätzen mehr Anstoß erregt hat als Bikini und nackte Brüste. Unausgesprochen gibt es demnach gegenüber Frauen in der westlichen Welt mittlerweile die Erwartung, nackte Haut zu zeigen. Wenn Freiheit für westlich Frauen jedoch gleichbedeutend ist mit der Auslieferung an eben jenen begehrend-erobernden männlichen Blick, von dem sie sich durch die Emanzipation befreien wollten, führt diese sich am Ende selbst ad absurdum.
Anstößiger Anstand. Über die Frankfurter Ausstellung „Contemporary Muslim Fashions“
Katalonien
Die Initiatoren des katalanischen Unabhängigkeitsreferendums werden in Spanien wie Schwerverbrecher behandelt. Mit ihrer Verurteilung zu langjährigen Freiheitsstrafen hat die spanische Justiz im Oktober noch einmal Öl ins Feuer des Konflikts gegossen.
Festzuhalten bleibt: Die katalanische Sprache und Kultur ist etwas Eigenständiges, das nicht in der von der kastilischen Hegemonialkultur proklamierten spanischen „Nation“ aufgeht. Katalonien ist nur deshalb ein Teil Spaniens, weil Katalonien – anders als Portugal, das bis 1640 ebenfalls 60 Jahre lang ein Teil Spaniens war – im Spanischen Erbfolgekrieg zwischen die Räder der Geschichte geraten ist. So ist das Selbstbestimmungsrecht des katalanischen Volkes seit Beginn des 18. Jahrhunderts systematisch beschnitten worden.
Unter der Franco-Diktatur hat sich diese Unterdrückung noch einmal verschärft, zumal die Katalanen größtenteils entschieden antifaschistisch eingestellt waren. Der Schatten dieser Jahre hat 2010 auch eine Lösung des Konflikts verhindert, als das 2006 sowohl vom spanischen Parlament als auch von den Katalanen in einer Volksabstimmung gebilligte erweiterte Autonomiestatut vom Obersten Gericht Spaniens für verfassungswidrig erklärt wurde – auf Antrag des Partido Popular, der Nachfolgepartei der von ehemaligen franquistischen Ministern gegründeten Alianza Popular.
Übersetzung Pappschild (Foto): „Katalonien wird das Grab des Franquismus sein.“
Katalanische Klage. Stichworte zum Verständnis des Katalonienkonflikts.
Klima
Die Diskussion um ein menschenfreundliches Klima vergiftet mehr und mehr das soziale und ökologische Klima. Unter dem Deckmantel des „Klimanotstands“ wird ein „New Green Deal“ durchgesetzt, der de facto nichts anderes ist als ein gigantisches Programm zum Schutz der Wachstumsökonomie. Eben diese hat jedoch erst zu der dramatischen Situation geführt, in der wir uns heute befinden.
So verstärkt die Reaktion auf den „Klimanotstand“ nur jene Tendenzen, die das Klima für uns Menschen erst so ungemütlich gemacht haben. Indem „Klimaschutz“ an die Stelle von Naturschutz gesetzt wird, wird jener Zerstörungsprozess intensiviert, der uns an den Rand des Abgrunds gebracht hat. Zugleich werden unter der Flagge des „Klimanotstands“ Mitbestimmungsrechte eingeschränkt, die bislang dazu dienen konnten, den Naturschutz gegen eine ausufernde Wachstumsökonomie zu verteidigen.
Hegel, die Dinosaurier und wir. Warum Klimaschutz ohne Naturschutz zum Scheitern verurteilt ist
Weitere Beiträge zum Klimaschutz
Kurdistan
Der Angriffskrieg der Türkei gegen die nordsyrischen Kurden und die willkürliche Absetzung kurdischer Bürgermeister nach den diesjährigen Wahlen haben wieder einmal die Gnadenlosigkeit vor Augen geführt, mit der kurdische Selbstbestimmungsbestrebungen von türkischer Seite verfolgt werden. Im kommenden Jahr steht das 100. Jubiläum dieses Völkerrechtsbruchs an.
Nach dem Zusammenbruch des Osmanischen Reichs waren den Kurden 1920 im Vertrag von Sèvres Selbstbestimmungsrechte zugesichert worden. Diese wurden 1923, im Vertrag von Lausanne, wieder gestrichen. Grund war der von Mustafa Kemal „Atatürk“ angeführte türkische Eroberungskrieg, der sich vor allem gegen Griechenland richtete, der Völkergemeinschaft aber zugleich das verbliebene Angriffspotenzial des türkischen Militärs vor Augen geführt hatte.
Wie im Katalonienkonflikt wurde und wird hier also das Recht des Stärkeren höher angesetzt als das Selbstbestimmungsrecht der Völker. Damit stehen sowohl Kurdistan als auch Katalonien auch für den Bankrott des europäischen Gedankens. Denn dieser beruht auf dem Ideal eines „Europas der Regionen“. Wenn jedoch an die Stelle der Regionen Nationen treten, die einzelne Völker ihrem Hegemonialanspruch unterwerfen, dient „Europa“ nur der Zementierung von Unterdrückung.
Besonders bedenklich ist, dass sogar die Debatte über diese Problematik abgewehrt wird, indem man die Rhetorik der Hegemonialmächte übernimmt: Die Katalanen werden als kleinkrämerische „Separatisten“ tituliert, die Kurden gar als „Terroristen“. Dass dies bei den betroffenen Völkern die Wut zusätzlich anfacht, muss niemanden wundern.
Gedicht: Kian Sor: Kurdistan
Erdoğan Emirs Lied To Şiya („Du bist fortgegangen“); mit einem Überblick über den Kurdenkonflikt
Leistungsschutzrecht
Das Leistungsschutzrecht, das kurz vor den Europawahlen gegen alle Widerstände im Europäischen Parlament durchgeboxt worden ist, ist ein typisches Beispiel für einen Propagandabegriff. Denn das „Leistungsschutzrecht“ schützt keineswegs die Interessen derer, die geistige Inhalte produzieren. Es dient vielmehr dem Schutz derer, die mit diesen handeln – nachdem sie sie den Urhebern (oft genug für einen Hungerlohn) abgekauft haben.
Ziel des neuen Rechtsrahmens ist es folglich, die alte Monopolstellung der großen Verlage, Zeitungshäuser und Musiklabels wiederherzustellen. Indem es erschwert wird, Inhalte außerhalb dieser Veröffentlichungskanäle zu publizieren, wird aber auch die geistige Vielfalt gefährdet, die das Internet heute noch auszeichnet. Das „Leistungsschutzrecht“ steht quer zu der Freiheit des geistigen Austauschs, für die das Netz steht.
Freuen kann sich darüber nur die Abmahnindustrie. Für alle anderen ist der neue Rechtsrahmen ein Grund zum Trauern. Wenn in Zukunft jeder fürchten muss, verklagt zu werden, wenn er auf eine Veröffentlichung verweist, für die einer der großen Monopolisten den Alleinverbreitungsanspruch erhebt, wird dies in letzter Konsequenz zu einer Form von Selbstzensur führen.
Das unautorisierte Veröffentlichen von Inhalten im Netz soll zudem schon im Augenblick des Hochladens verhindert werden. Dies ist nur durch den Einsatz von Upload-Filtern möglich, die dann aber auch alle möglichen anderen scheinbar „verdächtigen“ Inhalte herausfiltern werden. So wird der neue Rechtsrahmen auch die Alltagskommunikation erschweren.
Konkret werden sich die Auswirkungen erst zeigen, wenn das EU-Recht in nationales Recht übertragen wird. Dies wird im Laufe des kommenden Jahres passieren. Für manch einen wird es dann, wie zuvor schon bei der Umsetzung der EU-Datenschutzrichtlinie, ein böses Erwachen geben.
Letzte Warnung vor dem EU-Leistungszensurrecht! Wo bleiben die „Fridays for freedom“?
Musiksommer
Die musikalische Sommerreise auf rotherbaron hat uns in diesem Jahr in nordische Gefilde geführt. Über Schweden und Dänemark ging es weiter zu den Inselkulturen der Färöer, Islands und Grönlands. Von dort führte uns die Reise zurück über den großen Teich und endete schließlich in Norwegen und Finnland.
Besonders beeindruckt war ich von den umfassenden Förderungsmöglichkeiten, die es für MusikerInnen in den nordischen Ländern gibt. Davon können Musizierende und andere Kulturschaffende hierzulande nur träumen.
Meistgehört im Hause RB: ein finnisches Lied über eine Wahrheit, die auch von den ärgsten Fake-Predigern nicht zerstört werden kann: Valo tihkuu kaiken läpi von der Band Paavoharju.
Niedrigzinspolitik
Die lockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank hat sich in diesem Jahr noch einmal verschärft. Der Einlagenzinssatz für das „Parken“ von Geld auf EZB-Konten durch Geschäftsbanken ist auf minus 0,5 Prozent herabgesetzt worden. Außerdem ist die Wiederaufnahme des gerade erst eingestellten Anleihekaufprogramms angekündigt worden.
Offenbar merkt die EZB-Führung also selbst, dass ihre Zinspolitik nichts fruchtet. Statt diese zu ändern, verordnet sie jedoch ein „Mehr desselben“. Ein Medikament, das zehn Jahre lang nicht gewirkt hat, soll im elften Jahr plötzlich zur Wundermedizin werden.
Dieser Starrsinn hat mittlerweile nicht nur das tradierte Bankensystem an den Rand des Abgrunds geführt. Zwar sind noch nicht auf breiter Front Negativzinsen eingeführt worden. Zahlreiche Banken haben jedoch die Gebühren erhöht und schließen Filialen, um Personal einzusparen. Dieser Kahlschlag wird später, wenn sich die Rahmenbedingungen wieder verändern, nicht ohne weiteres rückgängig zu machen sein.
Noch weitreichender sind andere Auswirkungen der Nullzinspolitik. Da Rendite ohne Investitionen nur noch im Casino der Börsen zu erwirtschaften ist, ist eine sichere Altersvorsorge kaum noch möglich. Bei tendenziell sinkenden Renten führt dies für viele Menschen in die Altersarmut.
Für wohlhabendere Zeitgenossen lässt sich Rendite freilich auch durch den Erwerb von „Betongold“ erwirtschaften. Dies hat längst wieder zu einer neuen Blase an den Immobilienmärkten geführt, die mit erhöhten Kaufpreisen und steigenden Mieten einhergeht. So bewirkt die Nullzinspolitik auch hier eine Umverteilung von unten nach oben, bei der einige wenige von der zunehmend prekären Lage der vielen anderen profitieren.
Phantasielose Gelddruckmaschine. Die Nullzinspolitik der EZB: sozial ungerecht und brandgefährlich
Hildegard und Mario – Die Europäische Zentralbank, von unten betrachtet
Organspende
Einem anderen Mensch einen Teil des eigenen Körpers zu schenken, ist das größte Geschenk, das wir machen können. Wir schenken hier nicht „etwas“, sondern uns selbst – und zwar in einem Augenblick, in dem wir keineswegs tot sind, sondern uns in dem besonders heiklen Übergangsstadium zwischen Leben und Tod befinden. Die Organe eines endgültig verstorbenen Menschen wären nämlich nicht mehr ausreichend durchblutet und folglich unbrauchbar.
Deshalb halte ich es auch nicht für vertretbar, ein solches Geschenk als selbstverständlich vorauszusetzen. Eben dies impliziert jedoch die in diesem Jahr wieder vermehrt diskutierte Widerspruchslösung. Nach ihr soll ein Mensch am Ende seines Lebens als Ersatzteillager für andere betrachtet werden, sofern er dem zuvor nicht ausdrücklich widersprochen hat.
Eine Erhöhung der Bereitschaft zur Organspende ist meines Erachtens nur dann zu erreichen, wenn die Menschenwürde der Spendenden gewahrt wird. Dafür müsste auch deren Persönlichkeit bei der Auswahl der Empfänger mitberücksichtigt werden. Denkbar ist etwa, dass der Organspendeausweis in den entsprechenden Datenbanken mit einem Persönlichkeitsprofil verbunden wird, das sich aus den Kernüberzeugungen des Spenders zusammensetzt. So könnte etwa verhindert werden, dass ein überzeugter Pazifist seine Organe einem Waffenspender überlassen muss, weil dieser zufällig ganz oben auf der Warteliste steht.
Die Würde des Organspenders. Zur geplanten Reform der Organspendepraxis
Pflegenotstand
Krankenpflege? Altenpflege? Gibt es das in Deutschland überhaupt? Meine persönliche Erfahrung sagt mir eher, dass Krankheit, Alter und Behinderung in Deutschland als Kostenfaktor gelten, als Ärgernis, das möglichst schnell aus der Welt zu schaffen ist – am besten dadurch, dass die Betreffenden sich selbst aus der Welt schaffen. Bei Haustieren ist diese Wegwerfmentalität – wie ich in diesem Jahr leidvoll erfahren musste – noch ausgeprägter.
Der Hauptaspekt des „Pflegenotstands“ ist daher auch nicht, dass wir über zu wenig Pflegepersonal verfügen, sondern dass es bei uns keine Kultur des humanen Umgangs mit alten, behinderten und schwer kranken Menschen gibt. Da die immer neuen Pflegegipfel dieses Problem außer Acht lassen, können sie es auch nicht lösen. Solange die Hauptkriterien für professionelle Pflege Effizienz und gutes Kostenmanagement sind, werden sich unsere Probleme eher noch verschärfen.
Dies gilt nicht nur für die Pflegebedürftigen, sondern auch für die Pflegenden selbst. Alte und todkranke Menschen zu betreuen, ist immer eine undankbare Aufgabe. Selbst das größte Engagement kann nicht verhindern, dass am Ende des Pflegeprozesses der Tod steht. Wenn dann noch bei jeder Zuwendung jemand mit der Stoppuhr danebensteht und auf die Bilanzen schielt, muss man sich nicht wundern, wenn viele Fachkräfte sich dieser verordneten Inhumanität verweigern. Da helfen dann auch kräftige Gehaltsaufschläge nicht weiter.
Auch Pflegekräfte im Ausland zu rekrutieren, ist allenfalls eine zynische Lösung. Denn diese ausnahmsweise einmal willkommenen MigrantInnen fehlen dann ja in ihrer Heimat. Anstatt Pflegekräften bei uns attraktive Arbeitsbedingungen zu bieten, exportieren wir unsere Probleme damit nur ins Ausland.
Quote
Nachdem in Brandenburg eine Frauenquote für künftige Landtagswahlen festgeschrieben worden ist, ist auch für den Bundestag verschiedentlich die Geschlechterparität eingefordert worden. Hochgekocht ist die Debatte in diesem Jahr vor allem aufgrund des im Januar begangenen 100. Jubiläums des aktiven und passiven Frauenwahlrechts.
Solange „Mann oder Frau“ aber bedeutet, dass ich mich zwischen AKK und HH (Hubertus Heil) entscheiden muss, ist es mir ganz egal, ob im Parlament 100 Prozent Männer oder 100 Prozent Frauen sitzen. Die biologistische Argumentation fällt hinter das von der Gender-Bewegung Erreichte zurück. Diese lehrt uns: Entscheidend ist nicht das biologische Geschlecht, sondern der Komplex aus Einstellungen und Umgangsformen, der mit dem jeweiligen Geschlecht assoziiert wird. Nur so kann die Polarität aus klischeehaften „männlichen“ und „weiblichen“ Rollenmustern dauerhaft aufgebrochen werden.
Eine biologistische Herangehensweise an die Problematik birgt dagegen die Gefahr in sich, dass die patriarchalischen Strukturen unangetastet bleiben – und damit auch die stereotype Geschlechterpolarität fortbesteht. In diesem Fall dient es auch nicht der Emanzipation, wenn mehr Frauen an den Schalthebeln der Macht sitzen. Der lebende Beweis: AKK. Sowohl mit ihrer dezidierten Ablehnung der „Ehe für alle“ als auch mit ihrer Verteidigung der restriktiven Haltung ihrer Partei beim Informationsrecht von Frauen zu Abtreibungen und mit ihrer Stahlhelm-Rhetorik als Kriegsministerin hat sie bewiesen, dass durchaus auch Frauen das patriarchalische Klischeebild von der gebärfreudigen Vaterlandsverteidigerin im Kreise der traditionellen Familie fördern können.
Quotenwunder oder Quotenwahnsinn? Zur Forderung nach einer Quotenregelung für weibliche Parlamentsmitglieder.
SPD
Bei den Europa- und Landtagswahlen ist die SPD in diesem Jahr mal wieder kräftig gerupft worden. Alles Geraune von Starke-KITA-Gesetzen, Famoser Familienförderung und Rüstige-Rentner-Reformen hat nichts genutzt. Die SPD ist und bleibt die Hartz-IV-Partei, man traut ihr einfach nicht mehr über den Weg.
Was noch schlimmer ist: Die SPD traut sich selbst nicht über den Weg. Sobald jemand hochgehypt worden ist, wird er auch schon wieder weggemobbt. Siehe Martin Schulz, siehe Andrea Nahles.
Ob das mit dem neuen Spitzenduo, mit Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans, besser wird? Zweifel sind angebracht. Zwar lässt sich mit dem neuen Vorsitzendenpaar die Abkehr von der Agenda-Politik glaubwürdiger vertreten, zumal beide in einem transparenten, basisdemokratischen Prozess gewählt worden sind. Dies ändert aber nichts an dem grundsätzlichen Identitätskonflikt, in dem die Partei steckt. Sie möchte einerseits das sein, was sie in ihrem Ursprung war – eine Partei der sozial Benachteiligten –, andererseits aber auch das, wozu sie sich mit ihrem Godesberger Programm selbst ernannt hat: Volkspartei.
Dieser Spagat kann umso weniger gelingen, als ein Großteil des Führungspersonals der SPD eben nicht zu den Vorstellungen passt, denen „volksnahe“ Politiker in unserer Youtubokratie zu entsprechen haben. Dies gilt schon eher für die Grünen – die man folglich auch kaum mit den Hartz-IV-Reformen in Verbindung bringt, obwohl sie diese genauso zu verantworten haben wie die SPD.
In einer Gesellschaft, in der es immer weniger um Inhalte und immer mehr um die äußere Verpackung geht, ist die SPD vielleicht einfach nicht „hip“ genug. In der Tat müsste der Begriff „Parteisoldat“ für die SPD erfunden werden, wenn es ihn nicht schon gäbe. Ein Großteil insbesondere des männlichen Spitzenpersonals weckt Assoziationen an schwere Magenverstimmungen oder verschluckte Kleiderbügel aus dem Spind eines Offiziersanwärters. Und wenn mal jemand so natürlich geblieben ist wie Andrea Nahles, die sich als Politikerin nicht anders gibt als auf einem Dorffest in der Eifel, werden bei der erstbesten Gelegenheit die Messer gewetzt. Das bestätigt dann wieder all die Vorurteile von der Partei der Alphatiere und Machos, von den Ränkeschmieden und Hinterzimmerkungeleien. Hip geht anders.
Ein Pyrrhussieg? Zum Erfolg von Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans bei der Mitgliederbefragung zum SPD-Parteivorsitz
Sport inklusiv
Anfang Mai des zu Ende gehenden Jahres sorgte der Fall der ranssexuaellen südafrikanischen Läuferin Caster Semenya für Aufsehen. Diese war vom Internationalen Sportgerichtshof CAS aufgefordert worden, sich einer Behandlung zur Testosteron-Reduktion zu unterziehen, wenn sie weiter bei den Frauen an den Start gehen wolle. Merke: Doping ist verboten. Ein nicht minder schädliches „Anti-Doping“ kann dagegen sogar gerichtlich angeordnet werden.
Der Fall hat deutlich gemacht, dass der Sport von zentralen gesellschaftlichen Diskursen unberührt geblieben ist. Während auf gesamtgesellschaftlicher Ebene über Gender, Inklusion und Intersexualität diskutiert wird, hält die Sportwelt stur an den alten Kategorien fest. Es gibt Männlein und Weiblein, Behinderte und Nicht-Behinderte. Wer in keine Schublade passt, muss sich eben durch entsprechende Operationen oder medikamentöse Behandlungen passend machen.
Dabei könnte sich hier gerade der Sport, deren Funktionäre immer so gerne das Wort vom „Vorbildcharakter“ im Munde führen, zur Avantgarde aufschwingen. Warum sollen eigentlich nicht alle Sport Treibenden im gleichen Wettbewerb an den Start gehen? Dafür müsste nur eine Kommission zuvor die körperlichen Werte der Teilnehmenden überprüfen. Auf dieser Basis könnte dann, ähnlich wie beim Langlauf in der Nordischen Kombination, eine zeitversetzte Startreihenfolge festgelegt werden. Bei anderen Sportarten könnten entsprechende Punktesysteme eingeführt werden. Angenehmer Nebeneffekt: Dies würde Doping unattraktiv machen und somit auch der Gesundheit der AthletInnen dienen.
Der Sport würde dann nicht mehr das sozialdarwinistische „survival of the fittest“ abbilden, bei dem stets die von Natur aus Stärksten den Sieg davontragen. Gewinnen würden vielmehr diejenigen, die am meisten aus ihren je eigenen Möglichkeiten machen.
Der Fall Caster Semenya. Plädoyer für eine inklusive Neuausrichtung des Spitzensports
Trump-Ge(t)witter
Zu dem grotesken Personaltableau in Federico Fellinis 1983 erschienenem Film E la nave va („Und das Schiff fährt“; deutscher Titel „Schiff der Träume“), der auf hintergründige Weise den Weg Europas in den Ersten Weltkrieg beleuchtet, zählt auch ein Großherzog. Dessen Kernaussage besteht in einem bombastischen „Bum! Bum! Bum!“
An diese Figur fühle ich mich immer wieder erinnert, wenn ich von Trumps neustem Twitter-Gestammel höre. Die Bezüge zu Fellinis Film ergeben sich dabei nicht nur durch die häufige Inhaltslosigkeit der Twitter-Fragmente. Sie beruhen vielmehr auch auf den medialen Reaktionen darauf. Wie das „Bum-Bum-Bum“ des Großherzogs in Fellinis Film mit großer Aufmerksamkeit bedacht wird, werden auch Trumps Twitter-Rülpser von allen Seiten beleuchtet und gedeutet. Ein großer Teil der Wirkung, die dieser Dealer der Macht erreicht, beruht lediglich auf der Aufmerksamkeit, die andere seinen Leerformeln schenken.
Natürlich: Trump ist der Präsident der USA, man kann ihn nicht einfach ignorieren. Dies bedeutet jedoch nicht, dass wir uns von ihm die Art vorgeben lassen müssen, wie wir über Politik reden oder gar wie wir sie gestalten. Ansonsten laufen wir Gefahr, wie Trump die mediale Inszenierung von Politik mit tatsächlichem politischem Handeln zu verwechseln.
Besonders gut zu beobachten war das Ende Februar des Jahres beim Nordkorea-Gipfel von Trump und Kim Jong Un. Alle Welt hat damals auf das Treffen der beiden autoritären Führer geschaut, als handelte es sich dabei um die Begegnung zweier Friedensengel. Dabei war das Ganze nichts als Show. Ertrag: Niente. Ein großes Blitzlichtge(t)witter, sonst nichts.
Trump und wir. Was der Trumpismus mit uns macht
Waldschutz
Der Wald ist in doppelter Hinsicht ein Opfer des Klimawandels. Zum einen leidet er direkt unter dem sich verändernden Klima, insbesondere unter den vermehrten Trockenperioden und dem dadurch verstärkten Schädlingsbefall. Einige Baumarten sind dadurch auf absehbare Zeit massiv in ihrem Bestand bedroht.
Zum anderen gerät der Wald jedoch auch durch die viel beschworene „Energiewende“ unter Druck. Denn der Wald wird in deren Rahmen nicht mehr als ökologisches System betrachtet, das unzähligen Tier- und Pflanzenarten einen Lebensraum bietet, sondern schlicht als Lieferant eines nachwachsenden Rohstoffs. Er wird immer mehr zum Forst, in dem die Baumarten gepflanzt werden, die besonders schnell das gewünschte Holz liefern.
Der Hunger nach Holz führt aber nicht nur hierzulande zu einer Verarmung der Wälder. Vielmehr trägt er indirekt auch zur Zerstörung des Regenwalds und zur Abholzung der letzten europäischen Urwälder (beispielsweise in den rumänischen Karpaten) bei. Zwar gibt es Zertifizierungssysteme für nachhaltig gewonnenes Holz. Die entsprechenden Kontrollen sind jedoch bei weitem nicht streng und lückenlos genug, um die Durchmischung von legaler und illegaler Waldwirtschaft zu verhindern.
So fördert das Ausweichen auf den Energielieferanten Holz das, was es eigentlich verhindern soll: den Klimawandel. Denn das zunehmende Verfeuern von Holz vermindert nicht nur die Speicherfunktion des Waldes für das gefürchtete Kohlendioxid. Vielmehr werden dadurch auch vermehrt das zuvor in den Bäumen gespeicherte Kohlendioxid sowie diverse Formen von Feinstaub an die Luft abgegeben, die ihrerseits den Klimawandel „anheizen“.
Die Mär vom klimaneutralen Heizen mit Holz. Klimaschützer Nr. 1: der Wald!
Windkraft
Mit Windkraftanlagen ergeht es mir noch immer so, wie ich es in meinem ersten Beitrag zu der Thematik im Jahr 2013 geschrieben habe: Wesen, die es ganz normal finden, von über hundert Meter Stahlbetontürmen umzingelt zu werden, empfinde ich als Robocops. Sie machen mir mindestens so viel Angst wie die Windkraftanlagen selbst, da sie mir vorkommen wie Wesen von einem anderen Stern, auf dem es keinerlei Natur gibt – und damit auch kein Gefühl für die Natur.
Die Horrorvision, die die Anfänge der Windkraft begleitet hat, nähert sich immer mehr der Realität an. Nicht mehr lange, dann sind Natur und Landschaft vollständig industriell überformt. Parteiübergreifend werden Pläne vorangetrieben, den Artenschutz noch weiter einzuschränken und Einspruchsmöglichkeiten zu begrenzen, um auch noch die letzten Flecken mit den gigantischen Betongittern zuzustellen.
Das Schlimme ist, dass es der Windkraftlobby bis heute gelingt, die Ineffizienz und Umweltschädlichkeit ihrer Technologie hinter Hochglanzszenarien zu verstecken. Die Fakten werden – wie mir im Sommer bei der Aktualisierung meines Windstromglossars (Das Windstromkartell) erneut klar geworden ist – einfach ausgeblendet. So vernichtet die Windkraft mit der Natur auch das kritische Denken – das freilich am Ende, wenn unser Eingesperrtsein in einem einzigen Mega-Windpark uns um den Verstand gebracht haben wird, auch niemand mehr brauchen wird.
Weitere Beiträge zum Thema Windkraft
Bildnachweise:
Abtreibung: Ritinha Corain Ritinha: Frauen, (Pixabay);
AfD: JojoClub: Deutsche Leitkultur;
AKK: Collage rotherbaron;
Attac: hafteh7: Demontration (Pixabay);
Brexit: Peter Skitterians: London (Pixabay);
CO2-Bepreisung: Pixource: Pollution (Pixabay) ;
Fridays for Future: Goran Horvat: Schulstreik für Klimaschutz in Kroatien (Pixabay); Gelbwesten:Wandfresco von Pascal Boyart in Paris: Gelbwesten (leicht verändert);
Islamische Kleidung: Korrawin: Fashion portrait of young beautiful muslim woman and old brick wall background
Katalonien: Amadalvarz: Catalunia (Wikimedia)
Klima: Youm Young Oum : City (Pixabay)
Kurdistan: Dersim. Quelle: Fotos San Francisco State University
Leistungsschutzrecht: Collage rotherbaron
Musiksommer: Leo Torppa: Tiedosto:Konsta Jylhä –Quelle. Elävä perintö -wiki. wiki.aineetonkulttuuriperinto.fi.
Niedrigzinspolitik: Moritz320: EZB (Pixabay)
Organspende: Gerd Altmann: Herz (Pixabay)
Pflegenotstand: truthseeker08: Hospiz (Pixabay)
Quote: Library of Congress`s Prints and Photographs: Women`s Suffrage Parade in New York 1912
SPD: Collage unter der Verwendung eines SPD-Wahlplakats von 1919: © rotherbaron
Sport inklusiv: Robert Kneschke: Kinder beim Wettlauf (Fotolia)
Trump-Ge(t)witter: Jackie Ramirez (USA): Trump-Danger (Pixabay)
Waldschutz: Sabine Löwer: Bäume (Pixabay);
Windkraft: Ilka Hoffmann: Anbetung des heiligen Windrads. Collage
Teaserbild: Hassan Mohamed: 2019 (Pixabay)
Das ist ein super-interessanter Rückblick. Mal mit ganz anderen Zusammenhängen und Einschätzungen. Hab noch nicht alles gelesen. Das werde ich aber noch. Lieber Herr Hoffmann:Ihnen alles Gite und viel Inspiration 2020🍀
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Danke für den netten Kommentar und Ihnen sich ein schönes und anregendes neues Jahr.
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Ich unterdrücke den Trieb, zu den meisten Themen, ein Koreferat zu verfassen, und wünsche dem Rothen Baron und seiner Webmasterin ein glückliches und gesundes neues Jahr.
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Das wünschen wir dir auch. lieber René 🙂
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