Rechts, rechter, am rechtesten – Zum Kandidatentrio für den CDU-Vorsitz

Sparbüchse (2)

Ja, die CDU wäre gerne wieder eine Volkspartei. Sie sehnt sich zurück nach den Zeiten, als ein Helmut Kohl noch buddhagleich über dem Land thronte, so dass man gar nicht erst auf die Idee kam, dass es noch andere Götter geben könnte neben ihm.

Gut – aber warum präsentiert sich die Partei dann wie ein Einbeiniger, der all seine Lasten auf dem verbliebenen rechten Bein trägt? Wieso wirkt sie wie ein Leck geschlagener Tanker, der sich im Überlebenskampf immer weiter auf die eine, vermeintlich rettende Seite neigt?

Das Trio, das sich im Dezember beim CDU-Parteitag um den Posten des Vorsitzenden bewerben möchte, lässt sich jedenfalls kaum mit dem Anspruch verbinden, wieder das ganze Volk zu repräsentieren. Jens Spahn? Ist doch nur deshalb nicht bei der AfD, weil er seine Homosexualität ebenso offen ausleben möchte wie seine Ausländerfeindlichkeit. Friedrich Merz? Erinnert an die guten (?) alten Zeiten, als die CDU noch die wichtigste politische Freundin des Großkapitals war.

Und Annegret Kramp-Karrenbauer? Ja, ich weiß, es gibt Analysten, die sie auf dem „linken Flügel“ der CDU einordnen. Ich weiß aber auch: Es gibt Verkaufsspezialisten, die Eskimos Eisschränke andrehen können. Was an „AKK“ links sein soll, ist mir jedenfalls ein Rätsel. Oder gilt es neuerdings etwa als progressiv, wenn man angesichts der Einführung der Ehe für alle vor der „Vielehe“ warnt? Wenn man sich massiv für einen strengeren Umgang mit straffällig gewordenen jugendlichen Migranten einsetzt? Wenn man das Projekt der Inklusion bekämpft, indem man immer wieder die Ausgrenzung von Behinderten und anderen Minderheiten betreibt? (Nachweise im RB-Beitrag zu AKK: Die Musterschülerin).

Um hier keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Es gab und gibt auch in der CDU durchaus Politikerinnen, die für einen progressiven und kreativen Umgang mit den sozialen Verhältnissen stehen. Rita Süssmuth und Ursula Lehr sind Mitglieder der CDU, die ehemalige persönliche Referentin von Süssmuth, Regina Görner, hat im Saarland als engagierte Sozialministerin gewirkt, und im Deutschen Gewerkschaftsbund zeigt die stellvertretende Vorsitzende, Elke Hannack, als CDU-Frau oft das entschiedenere soziale Engagement als der Vorsitzende, SPD-Mann Reiner Hoffmann.

Wenn Regentin Merkel also unbedingt von einer weiteren Regentin beerbt werden soll, müsste die Partei nicht notwendigerweise dem Fingerzeig folgen, den die Kanzlerin den Mitgliedern mit der Krönung von AKK zur Generalsekretärin gegeben hat. Die CDU-Frauen hätten durchaus noch mehr Auswahl zu bieten.

Aber vielleicht geht es ja auch gar nicht primär um die weibliche Thronfolge. Vielleicht möchte die CDU nur auf Nummer sicher gehen und ihr Personal dort rekrutieren, wo auch auf der anderen Seite des politischen Spektrums in der Vergangenheit immer wieder leuchtkräftige Sterne am Polit-Himmel aufgegangen sind: im Saarland. In dem Bundesland, das der Welt einen Erich Honecker, einen Oskar Lafontaine und einen Heiko Maas geschenkt hat.

Menschen, die es gut mit der CDU meinen, sollten der Partei daher gestehen: Das Saarland mag zwar das Land der Arbeiter und Intellektuellen sein. Es gibt hier aber auch Menschen wie Heinz Becker, die nicht gerade für ihre Weltläufigkeit und ihren analytischen Verstand bekannt sind.

Wenn die CDU sich schon bei dem unerschöpflichen Reservoir der saarländischen Geistesgrößen bedienen möchte, sollte sie daher eher auf Peter Altmaier setzen. Der ist bislang nicht durch populistische Anbiederungen ans ultrarechte Spektrum aufgefallen. Vielmehr hat er sich bereits in den 1990er Jahren für eine migrantenfreundliche Reform des Staatsbürgerrechts eingesetzt und Roland Koch 1999 massiv für dessen ausländerfeindlichen Wahlkampf in Hessen kritisiert. Außerdem steht er für Dialog und Austausch mit Flüchtlingsverbänden und Migrantenorganisationen.

Peter Altmaier hat sich darüber hinaus von Anfang an als weltoffener Politiker präsentiert. Er spricht mehrere Fremdsprachen fließend und ist schon seit vielen Jahren europapolitisch aktiv. Nach einer wissenschaftlichen Tätigkeit am Europa-Institut der Universität des Saarlandes hat er von 1990 bis 1994 als Arbeitsrechtler für die Europäische Kommission gewirkt. Im Bundestag hat er von 1998 bis 2000 den Ausschuss für Europarecht geleitet. Außerdem war er von 2004 bis 2008 Vizepräsident des Netzwerks Europäische Bewegung Deutschland sowie von 2006 bis 2011 Präsident der überparteilichen Europa-Union Deutschland.

Dass Altmaiers Kommunikationsfähigkeit sich nicht in dem üblichen politischen Jargon erschöpft, zeigt sich auch an einem Gedicht, mit dem er sich am 4. September 2018 auf Twitter gegen die populistische Hetze der AfD gewandt hat: „Die Mehrheit sind nicht die, die schreien. / Ihr spaltet und zerstört immerfort. / Humanität ist stärker als euer garstig Wort.“

Mit einem kommunikativen, Brücken schlagenden Politiker wie Peter Altmaier würde die CDU ihrem Anspruch, wieder als Volkspartei wahrgenommen zu werden, weit eher gerecht werden als mit dem jetzigen Kandidatentrio. Bleibt die Frage, warum sie auf diesen Trumpf verzichtet. Liegt es vielleicht am Volksverständnis? Sehnt sich die CDU im tiefsten Herzen vielleicht selbst nach einem Volk von AfD’lern und möchte nur, dass diese wieder ihr zujubeln? Oder hat die CDU so lange mit der SPD gekuschelt, dass sie dieser das Geschenk eines Vorsitzenden machen möchte, von dem die Partei sich endlich wieder klar abgrenzen kann?

Aber wer weiß: Womöglich tue ich der CDU ja auch Unrecht. Angeblich soll es ja ein ganzes Dutzend Bewerbungen um den Parteivorsitz geben. Und ob der Großteil davon von den Medien verschwiegen wird, weil diese ihre Aufmerksamkeit an der Bekanntheit der Kandidaten ausrichten, oder ob die CDU-Führung den Bewerbungsprozess durch eine gezielte Pressepolitik zu steuern versucht, kann ich von meiner Blog-Hütte aus nicht beurteilen.

Klar ist aber: Wenn der Wahlkampf um den Parteivorsitz tatsächlich so transparent abläuft wie angekündigt – mit Regionalkonferenzen, auf denen allen Interessierten die gleiche Redezeit eingeräumt wird – könnte der Prozess schnell eine Eigendynamik entwickeln, die von der Partei nicht mehr zu kontrollieren ist. Die Frage ist nur, ob diese Eigendynamik dann jene Bewerbung nach vorne bringt, die auch das Land nach vorne bringt. Die jüngsten populistischen Triumphe überall auf der Welt lassen da einen gewissen Zweifel aufkommen.

 

Bild: Collage: Heiliger Bimbes

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