Gewaltbereiter Freiheitswille

Wie die französische Nationalhymne zur Spaltung der Gesellschaft beiträgt

Die Marseillaise war ursprünglich ein Kriegslied – und das merkt man dem Text auch an. Als Nationalhymne hat das Lied daher auch einige problematische Auswirkungen.

Eine kriegerische Freiheitshymne

Die Geburt der Marseillaise aus dem Geist der Revolutionskriege

Nationalhymne mit Vergeltungsschwüren

Ein Kriegslied als einendes Symbol?

Verteidiger der Revolution auf beiden Seiten der Barrikaden

Eine Marseillaise für den Frieden

Behinderung eines freien Umgangs mit der Freiheitshymne

Noch eine friedliche Variante der Marseillaise

Ein Freund des Friedens als Feind der Freiheit?

Nachweise und Anmerkungen

Eine kriegerische Freiheitshymne

„Wohlan denn, Kinder des Vaterlandes,
der Tag des Ruhmes ist da!
Das blutige Banner der Tyrannei
ist gegen uns erhoben worden.
Hört ihr draußen auf den Feldern
die grausamen Soldaten brüllen?
Bald werden sie vor eurer Haustür stehen,
um eure Söhne, eure Liebsten abzuschlachten.

Zu den Waffen, Bürger,
bildet Bataillone!
Kommt, lasst uns marschieren
und mit dem unreinen Blut [der Feinde]
die Furchen unseres Weges tränken!“
[1]

Die meisten werden wohl gleich erkannt haben, woher die hier zitierten Zeilen stammen. Es handelt sich – natürlich – um die Marseillaise, die französische Nationalhymne, die am 14. Juli in unserem Nachbarland wieder aus tausenden Kehlen geschmettert werden wird.

Einige werden beim Lesen der Zeilen aber vielleicht auch stutzig werden: Ist die Marseillaise nicht geradezu der Inbegriff eines Freiheitsliedes? Wie passt das aber mit der kriegerischen Haltung zusammen, die aus dem Lied spricht?

Werfen wir also zunächst einmal einen Blick in die Geschichte.

Die Geburt der Marseillaise aus dem Geist der Revolutionskriege

1792 diente der Dichter und Komponist Claude Joseph Rouget de Lisle (1760 – 1863) als Hauptmann in der französischen Rheinarmee. Deren Funktion war es, die Grenzen des Landes gegen Versuche der europäischen Monarchien, die revolutionäre Bewegung in Frankreich zurückzudrängen, zu verteidigen.

Als Frankreich in diesem Zusammenhang Österreich den Krieg erklärte, schrieb Rouget de Lisle Ende April 1792 einen Chant de guerre pour l’armée du Rhin (Kriegslied für die Rheinarmee). Ob er auch die Musik dazu komponiert oder sich für die Melodie an bereits bestehenden Vorbildern orientiert hat, ist umstritten.

In der Folge entwickelte sich das Lied zu einem festen Bestandteil der Französischen Revolution. So wurde es etwa beim Tuileriensturm gesungen, bei dem am 10. August 1792 der Tuilerienpalast, die Residenz des Königs, von Aufständischen gestürmt wurde. Dies war ein entscheidender Schritt hin zur Ausrufung der Republik am 22. September des Jahres.

Dadurch entwickelte sich Rouget de Lisles Chant de guerre sukzessive zu einer Hymne der Revolution und wurde folgerichtig auch 1795 vom Nationalkonvent zum „chant national“ erklärt. Der Beiname „Marseillaise“ rührt daher, dass das Lied bereits vor dem Tuileriensturm von Soldaten der Revolutionsarmee beim Einmarsch in Marseille gesungen wurde.

Nationalhymne mit Vergeltungsschwüren

Unter Napoleon verlor die Marseillaise allerdings wieder an Bedeutung, wohl weil der korsische Kaiser sie für seine Herrschaftsambitionen als zu aufrührerisch ansah. Dies galt natürlich erst recht für die Zeit nach der napoleonischen Herrschaft, als die Bourbonen zurück an die Macht gelangten.

Erst 1879 wurde die Marseillaise endgültig zur französischen Nationalhymne erklärt [2]. Dabei mag auch der verlorene Krieg gegen Deutschland von 1870/71 eine Rolle gespielt haben. Einige Verse des Liedes ließen sich damals unmittelbar auf das Bedürfnis nach Vergeltung beziehen.

So wird etwa in Strophe 6 die „heilige Liebe zum Vaterland“ beschworen, die „unsere rächenden Arme lenken“ soll. Und die Verse der – in der heutigen offiziellen Version des Liedes – abschließenden Strophe lauten:

„Lieber als unsere Ahnen zu überleben
wollen wir ihren Sarg mit ihnen teilen.
Unser größter Stolz wird es sein,
ihnen rächend nachzufolgen.“
[3]

Ein Kriegslied als einendes Symbol?

Demnach lassen sich sowohl die Entstehung der Marseillaise als auch ihre spätere erneute Erhebung zur Nationalhymne aus den jeweiligen historischen Umständen ableiten. Das revolutionäre Frankreich musste seine Freiheit 1792 in der Tat gegen äußere Feinde behaupten. Und dass es in Frankreich nach dem von Bismarck entfachten, in einen demütigenden Diktat-Frieden mündenden Krieg von 1870/71 Revanchegelüste gab, war ebenfalls verständlich.

Dass die Marseillaise sich bis heute den Rang einer Nationalhymne bewahrt hat, ist allerdings nicht ganz unproblematisch. Dies liegt vor allem daran, dass sie Freiheitswillen und Gewaltbereitschaft unmittelbar miteinander verknüpft. Die Bewahrung der Freiheit ist dem Text zufolge eng daran gebunden, stets zur Anwendung von Gewalt zur Verteidigung der Freiheit bereit zu sein.

So etwas passt zu der Situation eines Landes, dessen Eigenständigkeit unmittelbar durch äußere Feinde bedroht ist. Problematisch wird es jedoch, wenn die Bereitschaft zur gewaltsamen Verteidigung der eigenen Freiheit auf Zustände innerhalb der Gesellschaft bezogen wird. Dann stellt sich automatisch die Frage: Wer ist hier eigentlich im Besitz der „wahren“ Freiheit? Und wer bedroht sie?

Eben diese Problematik könnte auch die tiefer gehende Erklärung dafür sein, dass Konflikte in der französischen Gesellschaft so häufig gewalttätige Formen annehmen.

Verteidiger der Revolution auf beiden Seiten der Barrikaden

Die konkreten Auslöser der Konflikte sind dabei natürlich anderer Art. So ist etwa die soziale Segregation in den Banlieues in Verbindung mit dem latenten Rassismus gegenüber den dort lebenden Menschen mit Migrationshintergrund ein explosives Gemisch, das sich jederzeit entzünden kann.

Gleiches gilt für politische Entscheidungen mit sozial ungerechten Konsequenzen, wie sie am Anfang der Gelbwesten-Bewegung oder der Proteste gegen die Rentenreform standen – erst recht, wenn diese Entscheidungen mit einer royalen Attitüde der maßgeblichen politischen Verantwortlichen verbunden sind. Und natürlich wirkt auch die viel zu kurze und viel zu wenig an friedlichen Konfliktlösungsstrategien orientierte Ausbildung der französischen Polizei als Brandbeschleuniger [4].

Dass die Proteste aber so oft und so schnell in Gewalt ausarten, liegt eben auch an der geistigen Saat, die durch die Marseillaise ausgelegt wird. Wenn bei allen festlichen Anlässen die Bereitschaft beschworen wird, die Freiheit notfalls mit Gewalt zu verteidigen, bleibt das nicht ohne Auswirkungen auf das Verhalten im Konfliktfall.

Schließlich fühlen sich bei den gewalttätigen Ausschreitungen, zu denen es in Frankreich in jüngster Zeit immer häufiger kommt, beide Seiten als Verteidiger der Freiheit. Nicht nur die Menschen, die auf der Straße für ihre Rechte bzw. gegen deren Vorenthaltung protestieren, sehen sich in der Tradition der Revolution. Auch die Verteidiger der staatlichen Ordnung können sich auf diese berufen, da der französische Staat – versinnbildlicht durch die Erhebung der Marseillaise in den Rang einer Nationalhymne – seine Identität ja ebenfalls aus der Revolution herleitet.

Damit fehlt in den Auseinandersetzungen auf beiden Seiten das Bewusstsein dafür, dass „Freiheit“ ein relativer Begriff ist und dass Freiheit für alle nur in einem dialogischen Abwägungsprozess entstehen kann. Statt die verschiedenen Freiheitsvorstellungen im Dialog miteinander zu versöhnen, will jede Seite ihr Freiheitsverständnis gewaltsam gegen das der anderen behaupten – wodurch am Ende beide Seiten ihre Freiheit einbüßen.

Eine Marseillaise für den Frieden

Ein Bewusstsein für die problematischen  Implikationen der Marseillaise ist in Frankreich durchaus vorhanden [5]. Diskussionen über einen veränderten Text der Hymne gibt es denn auch praktisch seit der endgültigen Erhebung des Liedes in den Rang einer Nationalhymne.

Bereits 1892 entstand an einer französischen Schule eine Marseillaise de la Paix (Marseillaise für den Frieden). Aus dem martialischen „Marchons, marchons“ (Marschieren wir, marschieren wir) wurde darin „Chantez, chantons“ (Singt, lasst uns singen). Die Menschen werden hier nicht dazu aufgerufen, die Waffen zu ergreifen, sondern alle Waffen wegzuwerfen. Und statt des Blutes der Feinde soll hier der Frieden die Furchen des Weges befruchten.

Der Anfang dieses friedlichen Gegenentwurfs zur kriegerischen Marseillaise lautet in der deutschen Übersetzung wie folgt:

„Eines Tages wird er kommen,
der Tag des universellen Vaterlandes,
der Tag des ersehnten Friedens
mit seinem Lorbeerkranz der Versöhnung.
An den Grenzen werden die Völker
sich die Hände reichen und sich zurufen
voller Freude: ‚Es gibt keine Soldaten mehr!
Lasst uns ein Volk sein – wir sind alle Brüder!‘

Nieder mit den Waffen,
weg mit allen Bataillonen!
Kommt, lasst uns gemeinsam singen,
auf dass die Saat des Friedens
aufgehe in den Furchen unseres Weges!

Schluss mit der ewigen Vergeltung,
die unser Schicksal in der Schwebe hängen lässt!
Schluss mit den schrecklichen Schlachten,
mit Plünderung, Brandschatzen, Tod!
All die Jahrhunderte des Leidens,
des Hasses und des Blutvergießens
müssen endlich überwunden werden!
Kommt, schütteln wir sie ab, die Ketten des Hasses!“
[6]

Behinderung eines freien Umgangs mit der Freiheitshymne

Außer an dieser Fassung könnte man sich bei einer Überarbeitung des Textes der Marseillaise auch an den zahlreichen anderen Varianten orientieren, die im Lauf der Zeit entwickelt worden sind. So ist etwa für die revolutionäre Pariser Kommune 1871 ein eigener Text der Marseillaise verfasst worden, und auch in der Arbeiter- und der Frauenbewegung wurden zur Musik der Nationalhymne neue Verse kreiert [7].

Paradoxerweise schränkt aber gerade jener Staat, der ein revolutionäres Freiheitslied zu seiner Nationalhymne erkoren hat, die Freiheit zur kritischen Auseinandersetzung mit dieser Hymne immer wieder ein. Die jüngsten Fesseln für diese Diskussion stammen von dem Duo Sarkozy/Fillon, das bekanntlich von 2007 bis 2012 als Präsident und Premierminister die Geschicke Frankreichs bestimmt hat.

Nicolas Sarkozy, damals noch Innenminister, ließ 2003 nach Pfiffen gegen die Nationalhymne in einem Fußballstadion einen Gesetzeszusatz beschließen, der empfindliche Geldstrafen für den Fall einer Verletzung nationaler Symbole androht. Bei gleichzeitiger Verletzung mehrerer nationaler Symbole sieht das Gesetz sogar zusätzlich eine sechsmonatige Haftstrafe vor [8].

François Fillon verfügte 2005 als Bildungsminister, dass alle französischen Primarschulkinder den Text der französischen Nationalhymne auswendig lernen müssten [9]. Kurz darauf läuteten die Vereinten Nationen am Internationalen Tag des Friedens die „Internationale Dekade zur Förderung einer Kultur der Gewaltlosigkeit und des Friedens“ ein. Die Verpflichtung der Grundschulkinder auf den martialischen Text der Marseillaise wirkte vor diesem Hintergrund fast schon provokant.

Noch eine friedliche Variante der Marseillaise

Unter jenen, die damals ihr Unverständnis über die Anordnung Fillons zum Ausdruck brachten, war auch Graeme Allwrigt (1926 – 2020). Der in Neuseeland geborene Chansonnier hat sich zeitlebens für den Frieden engagiert. So hat er etwa in den 1970er Jahren ein an den damaligen Präsidenten Giscard d’Estaing gerichtetes Chanson gegen die Ausweitung eines Truppenübungsplatzes in Südfrankreich verfasst.

Zu der Entscheidung, den Text der Marseillaise wieder stärker in den Fokus des Schulunterrichts zu rücken, erklärte Allwright damals:

„Ich habe mich schon immer gefragt, wie die Franzosen als Nationalhymne weiterhin ein Kriegslied voller blutrünstiger und rassistischer Worte singen können. Der Anblick von Kindern, die gezwungen sind, diese schrecklichen Worte auswendig zu lernen, schmerzt mich. (…) Der Tag, an dem die Politiker beschließen, die Worte der Marseillaise zu ändern, wird ein großer Tag für Frankreich sein.“ [10]

Allwright hat vor diesem Hintergrund zusammen mit Sylvie Dien einen alternativen Anfang der Marseillaise geschrieben. Dieser lautet in der deutschen Übersetzung wie folgt:

„Lasst uns von Liebe und von Freiheit singen
für alle Kinder dieser Erde!
Lasst uns gegen all die Hassreden und Kriege
das Banner der Hoffnung erheben,
das Banner des Friedens und der Gerechtigkeit!
Mit vereinten Kräften werden wir mutig
das Elend und die Angst besiegen,
auf dass Freundschaft, Freude, Solidarität
in unseren Herzen herrschen!
Die Flamme, die uns erhellt,
wird alle Grenzen überwinden.
Kommt, Freunde, brechen wir gemeinsam auf,
lasst uns dem Licht entgegenschreiten!“
[11]

Ein Freund des Friedens als Feind der Freiheit?

Auch der in Frankreich populäre Allwright sah sich bei Auftritten allerdings mit Widerständen konfrontiert, wenn er seine alternative Nationalhymne zum Besten geben wollte. In einem Fall gab es sogar den Versuch einer regelrechten Zensur: Der Bürgermeister der westfranzösischen Gemeinde Lagord untersagte 2011 mit Verweis auf den „heiligen“ Charakter der Marseillaise die geplante Aufführung von Allwrights Version des Textes in einer choralen Inszenierung [12].

Natürlich ließ der Chansonnier sich von solchen Verbotsandrohungen nicht davon abhalten, seine Variante der Marseillaise zu intonieren. Dennoch bleibt die absurde Tatsache bestehen, dass hier die Freiheit der Rede (bzw. des Gesangs) im Namen einer Freiheitshymne eingeschränkt werden sollte.

Nachweise und Anmerkungen

[1]    Text der Marseillaise mit den von Rouget de Lisle verfassten sechs und den später hinzugefügten neun weiteren Strophen: La Marseillaise (15 couplets); archive.wikiwix.com. Das Originalmanuskript von Rouget de Lisle befindet sich in der Bibliothek der französischen Nationalversammlung, der Assemblée Nationale. Die auf deren Website wiedergegebene handschriftliche Fassung der ersten Strophe und des Refrains zeigt, dass das Original in einigen Punkten von der späteren offiziellen Textfassung abweicht. So war dort etwa von „nos fils“ und „nos compgagnes“ (unseren Söhnen/Liebsten) statt, wie in der heute gesungenen Fassung, von „vos fils“ und „vos compagnes“ (euren Söhnen/Liebsten) die Rede (vgl. Manuscrit autographe des Essais en vers et en prose de Joseph Rouget de Lisle (1760 – 1836); assemblee-nationale.fr.

[2]    Lediglich während der Zeit des Vichy-Regimes (1940 – 1944) wurde die Nationalhymne von einer Lobeshymne auf den zum autoritären Führer aufgestiegenen Maréchal Pétain abgelöst (Maréchal, nous voilà).

[3]    Die ursprüngliche Fassung der Marseillaise von Rouget de Lisle bestand aus sechs Strophen. Die heute als abschließende Strophe der offiziellen Hymne geltende siebte Strophe wurde später hinzugefügt, um das Weiterlodern der revolutionären Flamme in künftigen Generationen zum Ausdruck zu bringen. Sie wird deshalb auch „couplet des enfants“ (Strophe der Kinder) genannt.

Bei offiziellen Anlässen werden meist nur die erste Strophe und der Refrain, bei Gedenkfeiern zuweilen auch die sechste Strophe und die später hinzugefügte „Strophe der Kinder“ gesungen. Die Autorschaft der neuen Strophe ist umstritten, doch dürfte sie in jedem Fall bereits kurz nach der Entstehung der Ursprungsfassung (wohl noch im selben Jahr) geschrieben worden sein.

Neben dem in die offizielle Version der Marseillaise übernommenen „couplet des enfants“ existieren noch acht weitere Strophen, die in der öffentlichen Bezugnahme auf die Hymne heute jedoch kaum noch eine Rolle spielen (vgl. die französische Wikipedia-Seite zur Marseillaise: fr.wikipedia.org).

[4]    Vgl. hierzu das Interview von Andreas Noll mit dem französischen Politikwissenschaftler Fabien Jobard: Unruhen in Frankreich. Deutschlandfunk (Europa heute), 3. Juli 2023.

[5]    Im Zuge des von Emmanuel Macron als Reaktion auf die Gelbwesten-Proteste 2019 ausgerufenen „Grand Débat“ wurde auch über mögliche Veränderungen am Text der Nationalhymne diskutiert. Dabei stellte sich allerdings heraus, dass in der Politik parteiübergreifend ein breiter Konsens darüber besteht, die Marseillaise unverändert zu lassen. Lediglich eine kleine Minderheit unter den politisch Verantwortlichen zeigte sich offen für Veränderungen (vgl. Korda, Robin: Grand Débat: et si on changeait les paroles de „La Marseillaise“? Le Parisien, 8. März 2019).

[6]    Der Text der „Marseillaise de la Paix“ findet sich samt Verweisen auf weitere alternative Fassungen auf alternatives-non-violentes.org: Pour une Marseillaise de la Paix (2016). Im Netz kursieren verschiedene Versionen der Marseillaise de la Paix, darunter auch eine an den Konservatorien von Saintes und Rochefort in Westfrankreich entwickelte – was zu der an einer Schule entwickelten Friedensfassung der Marseillaise besonders gut passt: La Marseillaise de la Paix; 22. Juni 2018.

[7]    Vgl. Brecy, Robert: Marseillaises et Internationales au temps de la Commune. In: La Commune – Revue d’Histoire de l’Association des amis de la Commune de Paris 1871. Commune1871.org, 3. August 1872 (Alternative Texte der Marseillaise im Kontext von Pariser Kommune und Arbeiterbewegung mit Entstehungshintergründen). Die von E. Bourget verfasste Marseillaise des Femmes hat mit der Nationalhymne nur den Titel gemein und weist neben einem eigenen Text auch eine neue Melodie auf; vgl. gallica.bnf.fr: La Marseillaise des Femmes (Text und Noten).

[8]    Vgl. Code penal, Artikel 433-5-1 (in Kraft getreten am 19. März 2003): „Le fait, au cours d’une manifestation organisée ou réglementée par les autorités publiques, d’outrager publiquement l’hymne national ou le drapeau tricolore est puni de 7 500 euros d’amende. Lorsqu’il est commis en réunion, cet outrage est puni de six mois d’emprisonnement et de 7 500 euros d’amende.“

[9]    Vgl. L’Obs (Le Nouvel Observateur): La Marseillaise obligatoire à l’école; 2. September 2005. Seit 2015 ist das Erlernen der Marseillaise sogar schon für Sechs- bis Neunjährige verpflichtend. Dies ist 2017 vom damals neu ernannten Bildungsminister Jean-Michel Blanquer noch einmal bekräftigt worden (Michelon, Vincent: Jean-Michel Blanquer veut que tous les enfants la connaissent: où en est l’enseignement de La Marseillaise à l’école?; TF1, 30. August 2017; tv1info.fr.

[10] L’appel de Graeme Allwright (Aufruf von Graeme Allwright), wiedergegeben auf webarchive.org; Oktober 2005.

[11] Der Text des Liedes findet sich im Anschluss an den Appel de Graeme Allwright. Eine Live-Aufnahme der alternativen Marseillaise mit Graeme Allwright ist – einschließlich seiner Kritik an der offiziellen Version der Marseillaise – bei YouTube eingestellt. Der Chansonnier singt das Lied dabei zunächst allein vor, ehe er es gemeinsam mit dem Publikum intoniert.

[12] Brosset, Thomas:La Marseillaise de Graeme Allwright censurée à Lagord; soudouest.fr, 10. März 2011.

La Marseillaise de la Paix, eingespielt von den Konservatorien der westfranzösischen Gemeinden Rochefort und Saintes:

Gesungen werden die leicht abgewandelte erste Strophe, der Refrain, der erste Teil der (leicht veränderten) vierten sowie der zweite Teil der zweiten Strophe (vollständiger Text auf alternatives-non-violentes.org: Pour une Marseillaise de la Paix):

Eines Tages wird er kommen,
der Tag des universellen Vaterlandes,
der Tag des ersehnten Friedens
mit seinem Lorbeerkranz der Versöhnung.
An den Grenzen werden die Völker
sich die Hände reichen und sich zurufen
voller Freude: ‚Es gibt keine Soldaten mehr!
Lasst uns ein Volk sein – wir sind alle Brüder!‘

Nieder mit den Waffen,
weg mit allen Bataillonen!
Kommt, lasst uns gemeinsam singen,
auf dass die Saat des Friedens
aufgehe in den Furchen unseres Weges!

Wohlan, ihr friedlichen Kohorten,
Menschen auf dem Land und in den Städten:
Habt keine Angst mehr, öffnet eure Tore
für die Schätze, die Früchte der Freiheit!
All die Jahrhunderte des Leidens,
des Hasses und des Blutvergießens
müssen endlich überwunden werden!
Kommt, schütteln wir sie ab, die Ketten des Hasses!

Live-Aufnahme der alternativen Marseillaise von Graeme Allwright und Sylvie Dien (A-cappella-Version mit anschließendem gemeinsamem Gesang mit dem Publikum):

Einleitende Worte von Graeme Allwright:

„Ich habe mich schon immer gefragt, wie die Franzosen als Nationalhymne weiterhin ein Kriegslied voller blutrünstiger und rassistischer Worte singen können. Der Anblick von Kindern, die gezwungen sind, diese schrecklichen Worte auswendig zu lernen, schmerzt mich, und ich habe deshalb den Versuch unternommen, eine andere Version der Marseillaise zu schreiben. Der Tag, an dem die Politiker beschließen, die Worte der Marseillaise zu ändern, wird ein großer Tag für Frankreich sein.“

Alternativer Text der Marseillaise in deutscher Übersetzung:

Lasst uns von Liebe und von Freiheit singen
für alle Kinder dieser Erde!
Lasst uns gegen all die Hassreden und Kriege
das Banner der Hoffnung erheben,
das Banner des Friedens und der Gerechtigkeit!
Mit vereinten Kräften werden wir mutig
das Elend und die Angst besiegen,
auf dass Freundschaft, Freude, Solidarität
in unseren Herzen herrschen!
Die Flamme, die uns erhellt,
wird alle Grenzen überwinden.
Kommt, Freunde, brechen wir gemeinsam auf,
lasst uns dem Licht entgegenschreiten!

Bild: Isidore Pils (1813 – 1875): Claude Joseph Rouget de Lisle stellt dem Straßburger Bürgermeister seinen Chant de guerre pour l’armée du Rhin vor, die später so genannte Marseillaise (1849); Straßburg, Historisches Museum (Wikimedia commons)

2 Kommentare

  1. Chantons l’indivisible dignité humaine
    pour tout le monde et tout ce qui vit sur la Terre Mère
    Bannissons notre haine des autres de nos cœurs
    Luttons contre les guerres d’agression des femmes et des enfants
    Abandonnons tout espoir
    pour le mieux l’acte chaque jour nous-mêmes
    à travers le Cimetière de la Paix
    le violent ne pas décourager
    La justice qui n’a jamais été et ne sera jamais
    Peur et misère à cause de la soif
    de meurtre de ceux qui sont au pouvoir
    parce que nous sommes trop faibles pour endurer
    Tout être humain est d’une dignité indivisible
    même sans amitié, joie, solidarité
    L’âme unique en nous est ce qui nous illumine
    pas à propos des frontières surmonter
    dans l’humilité au travail d’ombre sur nous-même

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  2. Vielen Dank für den aufschlussreichen Artikel. Obwohl ich Französisch durchaus verstehe, habe ich mir weder über den Text der Marseillaise noch über die Zusammenhänge groß Gedanken gemacht. Ich fand nur immer, dass die Melodie sehr pathetisch und mitreißend ist. Die „revolutionäre Gesinnung“ in Frankreich hat mir auch gefallen, weil bei uns die Leute ja eher zum Jammern und Meckern neigen (und auch zur Unterordnung). Die neuen Friedens-Fassungen kannte ich auch nicht. Finde ich sehr schön!- Trotz der gewalttätigen Hymne an die lieben Nachbarn: Meilleurs voeux pour une fête nationale paisible!

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