Die Ordner der Welt und die Leere der Herzen

Was geschieht hinter der Corona-Bühne?

Zur PDF-Veröffentlichung der Essaysammlung Hegel, die Dinosaurier und wir

Die öffentliche Diskussion ist derzeit ganz von der Corona-Krise bestimmt. So besteht die Gefahr, dass hinter der großen Corona-Bühne Entscheidungen getroffen werden, deren Tragweite uns erst nach dem Ende des Pandemie-Dramas zum Bewusstsein kommt. Dann aber wird es für Korrekturen womöglich zu spät sein.

Die Welt jenseits der Corona-Welle

In letzter Zeit muss ich wieder häufiger an das Günter-Eich-Gedicht denken, das als eine Art Motto für diesen Blog dient – vor allem an diese Verse:

„Nein, schlaft nicht, während die Ordner der Welt geschäftig sind!
Seid misstrauisch gegen die Macht, die sie vorgeben für euch erwerben zu müssen!
Wacht darüber, dass eure Herzen nicht leer sind, wenn mit der Leere eurer Herzen gerechnet wird!
Tut das Unnütze, singt die Lieder, die man aus eurem Mund nicht erwartet!
Seid unbequem, seid Sand, nicht Öl im Getriebe der Welt!“

Eigentlich scheint ja alles in Ordnung zu sein. Niemand schläft derzeit, während die „Ordner der Welt geschäftig sind“. Wir alle sind vielmehr hellwach und beobachten jeden ihrer Schritte, der uns aus der Corona-Krise heraus- oder eben tiefer in sie hineinführen kann. Niemanden lässt das kalt, niemand schweigt dazu. Alles geschieht öffentlich und wird auch öffentlich kritisiert.
So what? Alles prima? Na ja … Mehr und mehr beschleicht mich das ungute Gefühl, dass das Problem vielleicht gerade in dem besteht, was auf den ersten Blick als vorbildliche Diskurskultur erscheint. Denn wir schwatzen und quatschen, disputieren und diskutieren zwar alle gerade nach Herzenslust. Aber alle denken und sagen immer nur: „Corona, Corona, Corona!“
Dies wirft die Frage auf: Was ist, wenn die „Ordner der Welt“ noch auf andere Weise „geschäftig“ sind? Wenn sie hinter der alle anderen Fragen abtötenden Corona-Fassade noch ganz andere Entscheidungen treffen, die später, wenn die große Corona-Welle abgeebbt ist, nicht mehr rückgängig zu machen sind? Entscheidungen, die langfristig womöglich viel weitreichendere Auswirkungen auf unser Leben haben werden als die Corona-Krise?

Politische (Un-)Fairness

Im Fußball gibt es bei Verletzungen eine eherne Fairness-Regel: Wenn ein Spieler verletzt am Boden liegt und die andere Mannschaft den Ball ins Aus spielt, um seine Behandlung zu ermöglichen, spielt das Team mit dem verletzten Spieler den Ball anschließend wieder an die gegnerische Mannschaft zurück.
In der Politik existieren solche Fairness-Regeln nicht. Dort heißt es eher: Das Volk liegt verletzt am Boden? Dann schießen wir doch endlich den Ball ins Tor und bringen Gesetzesvorhaben auf den Weg, für die wir uns sonst durch endlose Debatten quälen müssten!
Insofern sind unsere Herzen vielleicht doch „leer“, wenn mit ihrer „Leere (…) gerechnet wird“. Sie sind „leer“, weil die Corona-Angst alles andere aus ihnen verdrängt. Weil unser ganzes Misstrauen gegen die angemaßte Macht der Welt-Ordner sich nur auf ihre Aktivitäten in der Corona-Krise bezieht – nicht aber auf die Weichen, die sie abseits der großen Corona-Bühne für unser aller Zukunft stellen.
Daraus folgt: Das „Unnütze“ zu tun, bedeutet in der aktuellen Situation eben nicht nur, sich gegen fragwürdige Beschlüsse zur Bekämpfung der Corona-Pandemie zur Wehr zu setzen. Die „Lieder, die man aus [unserem] Mund nicht erwartet“, sind vielmehr gerade die, die nichts mit der aktuellen Situation zu tun haben; die das Bewusstsein wachhalten für das, was war und wieder in den Vordergrund treten wird, sobald die Krise vorbei ist.

Windkraftputsch im Hinterzimmer?

Mal wieder sehr viel Quatschiko, Rother! Was willst du nun eigentlich sagen? Wie klingen die unnützen Lieder, die du uns zu Gehör bringen willst?
Ehrlich gesagt: Das könnt ihr euch doch denken! Mich treibt die Angst um, dass eben jetzt, während wir alle am Corona-Kollaps leiden, bei irgendwelchen Hinterzimmer-Treffen oder geheimen Skypereien der Todesstoß für die Natur ausgekungelt wird. Dass der Corona-Alptraum nahtlos in den Alptraum des großen Windkraft-Gefängnisses übergeht. Dass die gewaltigen Gitterstäbe der Stahlbetontürme uns dann endgültig die Luft abdrücken werden.
Ja, ich weiß, das klingt nach Verschwörungstheorie. Und ehrlich gesagt: Ich wäre froh, es würde sich dabei auch um eine solche handeln. Wie schön wäre es, wenn die Pläne für eine Schleifung des Natur- und Artenschutzes zu Gunsten des ungehemmten Windkraftausbaus tatsächlich nur das Geraune sinistrer Verschwörungstheoretiker wären!
Leider ist das Bundesnaturschutzgesetz aber bereits passgenau für die Windstromindustrie geändert worden. Also müssen wir auch damit rechnen, dass es eben keine Horror-Fake-Nachricht ist, wenn Gerüchte über eine Verfünffachung der jetzt schon 30.000 Windkraftanlagen in Deutschland und zu einer Abdrängung der Natur in ausgewiesene Reservate die Runde machen; wenn Natur nur noch als Zitat ihrer selbst geduldet werden soll; wenn für Pflanzen und Tiere nur noch Ghettos bleiben sollen, in denen einzelne Exemplare wie in einer großen Zoo-Arche gehalten werden.
Die Lieder, mit denen ich gegen solche Visionen einer Verwandlung der Natur in ein Kraftwerk ansinge, sind in Wahrheit natürlich nur Buchstaben, die geduldig darauf warten, von anderen zusammengesetzt zu werden. Unwahrscheinlich, dass Windstromprofiteure das tun werden. Vielleicht sind die Buchstäbchen aber doch ein klitze-klitzekleiner Beitrag dazu, „unbequem“ zu sein, ein kleines Sandkörnchen in das „Getriebe“ der Mächtigen zu streuen und dieses so wenigstens am reibungslosen Funktionieren zu hindern.

Die Sandkörnchen der unnützen Lieder

Um nun endlich konkret zu werden: Angesichts der derzeitigen Krisensituation habe ich mich entschieden, meine Essaysammlung Hegel, die Dinosaurier und wir, zusätzlich zu der Veröffentlichung als E-Book und analoges Buch, als PDF ins Netz zu stellen. Die Buchläden waren ja lange Zeit geschlossen, Online-Bestellungen werden von manchen wegen möglicher Virusverseuchung gefürchtet, und nicht alle verfügen über einen E-Book-Reader. Also ist die PDF vielleicht eine gute Möglichkeit, eine Hürde für die Berührung mit meinen „unnützen Liedern“ zu beseitigen.
Warum ich die Essaysammlung überhaupt zusammengestellt habe und was sie über die einzelnen Beiträge auf dieser Website hinaus bietet, habe ich bereits in einem früheren Post dargelegt. Er ist unten noch einmal verlinkt.
Als weiteres Sandkörnchen im „Getriebe der Welt“ plane ich in nächster Zeit noch die Herausgabe des Romans Überdreht von Rothilda von Rotortod. Untertitel: Wie die Außerirdischen die Erde mit Windrädern erobern wollten. Aber dazu später mehr.

الفنان_قسطنطين_كانسكي_-Starlit Arwiki - Constantine Kanskiy

Essaysammlung Hegel, die Dinosaurier und wir: Beiträge zum Natur- und Klimaschutz, mit Gedichten von Ilona Lay, als PDF
 
Inhaltsverzeichnis der Essaysammlung
 
Autorenbrief zum Essayband Hegel, die Dinosaurier und wir

Nachweis Eich-Zitat:

Eich, Günter: Träume (Hörspiel, entstanden 1950, Ursendung 1951, Erstdruck 1953). In: Ders.: Gesammelte Werke, Bd. II, hg. von Heinz Schwitzke. Frankfurt/Main 1973: Suhrkamp; hier zit. nach G.E.: Träume. Text und Materialien, bearbeitet von Klaus Klöckner, S. 40. Berlin 1996: Cornelsen.

Zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes vgl. den Eintrag zum Artenschutz im Windstromglossar: Das Windstromkartell. Kleines ABC seiner Durchsetzungsstrategien;

speziell zur Lobbyarbeit der Windstromindustrie: Projektierer als Sektierer. Die einträgliche Klimareligion der Windkraftbranche

 

Bilder: 1. K. Kilche: Raptor (Pixabay); 2. Kupferstich von Lazarus Gottlieb Sichling nach einer Lithographie von Friedrich Julius Ludwig Sebbers: Porträt von Georg Wilhelm Friedrich Hegel (nach 1828; Wikimedia); 3. Konstantin Kansky: Always in the way; Foto von Starlit∼arwiki (Wikimedia)

4 Kommentare

  1. Danke für das PDF – ich habe aber eben bewusst die E-Book-Ausgabe für den Kindle-Reader gekauft um durch die Bezahlung die dahinterstehende Arbeit zu würdigen. Ich freue mich schon auf den Lesegenuss.

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    1. Vielen Dank!!! – Das finde ich sehr nett. In der Tat haben es so kleine Verlage richtig schwer. Da freut man sich über jeden einzelnen Kunden sehr. Und ich hoffe, dass das Buch gefällt. Alles Gute wünscht Dieter

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