Populismus und Autoritarismus – ein toxisches Duo

Auftakt zu einer neuen Reihe auf rotherbaron

Populistische Bewegungen sind weltweit auf dem Vormarsch. Parallel dazu nehmen auch autoritäre Tendenzen in vielen Staaten zu. Wie hängt beides miteinander zusammen? Und wie können wir uns dagegen wappnen? Um diese Fragen kreist ab heute eine neue Reihe auf rotherbaron.

Wenn die Welt sich in die falsche Richtung dreht

Bei einem Blick in die jüngere Vergangenheit stellt sich irgendwie der Eindruck ein, dass die Welt sich in die falsche Richtung dreht. Dies gilt gerade dann, wenn man die weltweite Entwicklung aus der Perspektive populistischer und autoritaristischer Tendenzen betrachtet.

Nur in wenigen Ländern besteht, wie etwa in Polen, Hoffnung auf einen Rückbau autokratischer Strukturen. In zahlreichen anderen Ländern haben sich dagegen autoritäre Tendenzen verstärkt. Mancherorts hat es sogar ein kaum für möglich gehaltenes Rollback hin zu überwunden geglaubten antidemokratischen Entwicklungen gegeben, so etwa in der Slowakei und womöglich demnächst auch in den USA.

Was in den USA droht, ist in Russland bereits Realität. Aus scheindemokratischen Strukturen hat sich schleichend ein autokratisches und schließlich ein totalitäres Regime herausgebildet, das sowohl nach innen als auch nach außen hin offen aggressiv auftritt. Parallel dazu haben sich auch in China die big-brotherhafte Überwachung des Volkes und das imperial-aggressive Auftreten nach außen hin verstärkt, in Verbindung mit einem zunehmenden Führerkult.

Machtzuwachs populistischer Bewegungen

Auch in Europa beschränkt sich die Tendenz zu einer fortschreitenden Entdemokratisierung keineswegs auf die bekannten Sündenböcke in Mittelosteuropa. Die Kernstaaten der Europäischen Union sind längst ebenfalls vom Virus des Autoritarismus befallen. Dessen toxische Verbindung mit dem Populismus ist dabei heute noch augenfälliger als vor fünf Jahren.

Deutlich wird dies vor allem dort, wo populistische Parteien in die Machtzentren der entsprechenden Länder vordringen. Dabei müssen sie nicht notwendigerweise – wie etwa in Finnland – unmittelbar an der Regierung beteiligt sein oder diese gar – wie in Italien – führen. Noch folgenreicher ist womöglich die Neigung der etablierten Parteien, sich im Interesse des Machterhalts selbst an populistische Positionen anzunähern.

Dies wirkt sich sowohl auf den Politikstil als auch auf die politischen Inhalte aus. Führerkult, Fremdenfeindlichkeit und Law-and-Order-Parolen sind weltweit auf dem Vormarsch. Durch den allmählichen Aufstieg populistischer Parteien und Positionen in den politischen Mainstream vollzieht sich diese Entwicklung jedoch schleichend, so dass die zunehmend autoritären Tendenzen oft nur bei einem Auftauchen aus dem Polit-Sumpf der Gegenwart und der Einnahme einer Längsschnitt-Perspektive ins Auge fallen.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Rattenfänger-Parteien ihre populistischen Parolen auch nach dem Vordringen in Schlüsselpositionen des Staates beibehalten, um ihren autokratischen Regierungsstil zu verschleiern. Letzteres gilt auch für autoritäre Regime, die ohne den Umweg demokratischer Wahlen an die Macht gelangt sind. Autoritärer Populismus und populistischer Autoritarismus beeinflussen sich auf diese Weise gegenseitig. In beiden Fällen fungieren populistische Parolen als eine Art von Massensuggestion, die über die autoritären Ziele der Politik hinwegtäuscht.

Das Ziel: Sensibilisierung für populistische Rattenfängermethoden

Das Ziel muss es vor diesem Hintergrund sein, für den Rattenfängercharakter populistischer Bewegungen und für den propagandistischen Werkzeugkasten autoritärer Regime zu sensibilisieren.

Beides hängt eng miteinander zusammen: Das Wünschdirwas-Konzert populistischer Bewegungen bereitet den Boden für autokratische Verhältnisse, die auch und gerade den Interessen jener, die den Bewegungen zur Macht verhelfen, in fundamentaler Weise widersprechen. Deshalb ist es wichtig, rechtzeitig den autoritären Kerncode der populistischen Programmatiken zu entschlüsseln und ihre Nähe zur Propaganda autokratischer Regime zu erkennen.

Dies wird in den Posts der kommenden Wochen aus verschiedenen Blickwinkeln versucht werden. Auf kurze Einführungstexte zu den einzelnen Aspekten werden jeweils Literaturtipps und Links zur Vertiefung in den Problemkreis folgen.

Folgende Themen sind vorgesehen:

  • Zur Geistesverwandtschaft von Populismus und Autoritarismus
  • Links- und Rechtspopulismus
  • Populismus als globales Phänomen: Europa, Asien, Lateinamerika
  • Der Nährboden des Populismus
  • Autoritarismus und „Neue Autorität“
  • Autoritarismus und Hegemoniale Männlichkeit

Zur Leipziger Buchmesse wird es alle Einzelposts auch zusammengefasst in einer Ebook-Version geben. Diese enthält auch eine aktualisierte Fassung des erstmals 2017 erschienenen Glossars zu Handlungsmustern und rhetorischen Mitteln des populistischen Autoritarismus.

Bild: Carl von Mering (1874 – 1944): Der Rattenfänger von Hameln (Keramikmedaillon, 1916); Foto von Montanussecundus (Wikimedia commons)

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