Der Laubbläser und der Klimanotstand

Zur Heuchelei der politischen Klimaapostel

Laubbläser und Laubsauger sind schlecht fürs Klima, schlecht für die Natur und schlecht für die Gesundheit. Sie sollten dringend aus dem Verkehr gezogen werden.

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INHALT:

Bruce Willis und andere Weltretter
Symbolpolitik statt konkretem Klimaschutz
Lärmbelästigung durch Laubbläser
Laubbläser sind unsozial
Links und Nachweise

Bruce Willis und andere Weltretter

In Luc Bessons Sciencefiction-Kultfilm Das fünfte Element ist Weltretter Bruce Willis ein karikaturesker Popstar (gespielt von Chris Tucker) zur Seite gestellt. Dieser wird die ganze Zeit über von Groupies umschwärmt, die jede Lebensäußerung ihres Idols mit dem filminternen Zukunftsjargon für „toll, super“ bejubeln: Grün! Alles, was ihr Held macht, ist einfach „super-grün“, „unvergleichlich grün“, „grüner als grün“.
Ungefähr so stellen sich wahrscheinlich auch die Bürgermeister der deutschen Klimanotstandsstädte ihr Bad in der Menge vor. „Wie findet ihr, werte Untergebene, meine Politik?“ – „Hach, Herr Bürgermeister: einfach grün! So grüüün! Mega grün!“
Konkrete Maßnahmen zur Eindämmung klimaschädlicher Emissionen? Fehlanzeige! Oder vielmehr: Es gibt sie, aber sie werden durch Untätigkeit auf anderen Gebieten mehr als konterkariert.
Gut, es gibt Ausnahmen. Im nordrhein-westfälischen Siegen etwa hat die Stadtverwaltung den Papierverbrauch drastisch reduziert (1). Dies ist jedoch bereits vor dem Ausbruch der großen Klimahysterie-Welle geschehen. So ist diese Maßnahme auch nicht im Namen des „Klimaschutzes“, sondern im Rahmen eines umfassenden Nachhaltigkeits- und Umweltschutzkonzepts eingeführt worden – das zwangsläufig auch der Eindämmung des Klimawandels dient.

Symbolpolitik statt konkretem Klimaschutz

Andernorts könnte man sich hieran ein Beispiel nehmen. Stattdessen wird jedoch überwiegend auf Symbolpolitik gesetzt. In München etwa hindert der „Klimanotstand“ die Stadt nicht daran, den Flughafenausbau voranzutreiben. So fungiert die alarmistische Parole vor allem als Deckmäntelchen für eine umweltschädliche Politik und als Freifahrtschein für die Windstrombarone, andernorts die Natur mit ihren Stahlbetongittern zu versiegeln. So können sich etwa die Stadtwerke durch den „Klimanotstand“ sogar in ihrer Politik bestätigt fühlen, den norwegischen Samen ihre Heimat mit Windkraftanlagen zuzustellen (2).
Auch in Frankfurt am Main führt das Ringen um den „Klimanotstand“ – für dessen Ausrufung es Ende September eine Mehrheit im zuständigen Umweltausschuss gab – nicht etwa dazu, dass die Innenstadt für den Autoverkehr gesperrt und der Flugverkehr auf das Allernötigste beschränkt würde. Alles läuft weiter wie gehabt. Dies gilt auch für die Laubbläser, die Tag für Tag durch die Stadt dröhnen und pfeifen.
Dabei symbolisiert nichts die Heuchelei der selbst ernannten Klimaapostel unter den Regierenden mehr als der Laubbläser. Niemand braucht ihn: Mit Rechen und Besen lässt sich das Laub dort, wo es für Fußgänger zur gefährlichen Rutschbahn werden kann, viel schneller von den Wegen fegen. Es handelt sich hier also um reine Energieverschwendung, um etwas, das nach Ausrufen eines „Klimanotstands“ unter den ersten Dingen sein sollte, auf die ab sofort verzichtet wird.
Mehr noch: Laubbläser und erst recht Laubsauger sind extrem schädlich für die Tierwelt. Während sich Igel und Co vor Besen und Co rechtzeitig in Sicherheit bringen können, werden sie von dem maschinenbetriebenen Krieg gegen das Laub als Kollateralschaden mit zermahlen. In Parks haben Laubhaufen zudem eine wichtige Funktion als natürlicher Kälteschutz und Dünger sowie als Rückzugsort für die Tierwelt (3)

Lärmbelästigung durch Laubbläser

 Hinzu kommt natürlich die Lärmbelästigung. Im Falle von Laubbläsern ist sie deshalb besonders störend, weil sie in die einzige Zeit des Jahres fällt, die bislang noch für das „Zur-Ruhe-Kommen“ zur Verfügung stand. „Zur-Ruhe-Kommen“ bedeutet eben nicht nur einen Zustand äußerer Stille. Gemeint ist damit vielmehr auch die innere Ruhe, die Besinnung, die gerade in Zeiten des „Klimanotstands“ nötiger wäre denn je.
So machen sich die schädlichen Auswirkungen des Lärms hier noch stärker als sonst bemerkbar. Auch wenn es für viele immer noch als Zeichen von Stärke gilt, Lärm angeblich problemlos ertragen zu können: Unser Körper funktioniert noch immer wie ein Steinzeitmensch, den man in die Jetzt-Zeit gebeamt hat. Soll heißen: Die biologische hat einfach nicht mit der technischen Entwicklung Schritt halten können. Lärm löst bei uns deshalb in jedem Fall Fluchtreflexe aus. Fluchtreflexe bedeuten auf der biochemischen Ebene: Es werden Stresshormone ausgeschüttet. Gerade diejenigen, die behaupten, Lärm gar nicht zu hören, haben unter dieser Adrenalinausschüttung langfristig am meisten zu leiden. Denn anders als diejenigen, die von ihnen als „Weicheier“ diffamiert werden, tun sie nichts, um die Stresshormone in Energie umzusetzen. In der Folge sind gerade sie die ersten Kandidaten für schwerwiegende Herz-Kreislauf-Erkrankungen (4).
All das aber fällt nicht ins Gewicht, wenn mit irgendeinem neuen Produkt irgendwo hinter dem Komma ein Zusatzzifferchen bei der Wachstumsrate zu gewinnen ist. Dann ist plötzlich alles egal: Klimaschutz, Naturschutz, Gesundheitsschutz? Pfeifen wir drauf! Hauptsache, die Wirtschaftsbilanz stimmt! Lärm? Ach was! Das ist doch nur der Sound des Fortschritts!

Laubbläser sind unsozial

Manch einer wird jetzt vielleicht mit Kopfschütteln reagieren: Das ist doch alles völlig übertrieben! Die Benutzung von Laubbläsern ist doch schon seit Jahren streng reguliert!
Diese Zeitgenossen gehören dann wohl zu den paar glücklichen Wohhlbetuchten in diesem Lande, die auch sonst mit einer gepflegten Sonderbehandlung rechnen dürfen. Sie wohnen in den besseren Stadtteilen, in einer Kurstadt oder in den schicken Vororten der zugelärmten und zugestunkenen Städte, in denen sich das verachtete Fußvolk herumtreibt.
So hat die Laubbläser-Epidemie in den Städten zu allem Überfluss auch noch eine unsoziale Komponente. Ein Land, das sich demokratisch nennt und dazu noch weltweiter Vorreiter in Sachen Klimaschutz sein möchte, sollte diese Epidemie daher dringend eindämmen.

Links und Nachweise:

Rubarth, Christina: Die alltägliche Vergeudung. Weltmeister im Papierverschwenden. Deutschlandfunk Kultur (Zeitfragen), 28. März 2017.

Ratzesberger, Pia / Strittmatter, Kai: Gegen den Strom. Süddeutsche Zeitung, 3. April 2019. [über die Windstromprojekte der Münchner Stadtwerke in Norwegen]

Viering, Kerstin: Laubbläser und Co: Gärten des Grauens. Spektrum.de, 21. November 2018.

NABU: Wohin mit all dem Laub? Bei Aufräumarbeiten im Garten besser auf Laubsauger verzichten

NABU Hamburg: Mit Besen und Rechen für die Natur. Laubbläser und Laubsauger schaden Kleintieren.

Ising, Hartmut / Kruppa, Barbara: Zum gegenwärtigen Erkenntnisstand der Lärmwirkungsforschung: Notwendigkeit eines Paradigmenwechsels. In: Umweltmed Forsch Prax 6 (2001), S. 1 – 9 (hier S. 6). (online abrufbar über http://www.fluglaerm-taunus.de/Laermwirkungsforschung.pdf).

Mehr zum Thema:

Streitschrift gegen den Laubbläser. Ein Plädoyer gegen die Normativität des technisch Machbaren

Links und Nachweise zur Lärmproblematik in:

Die Freiheit des Rasenmähenden. Lärm als verfassungsrechtliches Problem

Bild: Lex Ger: Glückliche Kinder spielen im Herbstlaub (Pixabay)

3 Kommentare

    1. Klaus Ender hat zu den Laubsaugern geschrieben: „Während sich ringsum die kleineren Länder wie Dänemark und Holland Sorgen um eine ‚lebenswerte Umwelt‘ machen, wird bei uns der ‚Laubsauger‘ angesetzt, der alles Leben von fliegendem, krabbelndem und summendem Getier auslöscht. Am besten wäre es wohl, alle Kritiker unseres Systems mit wegzusaugen, dann gäbe es nichts mehr – was die Politiker juckt.“
      https://sternkekandidatkreistagvg.wordpress.com/2019/11/25/gemeinnutzigkeit/

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